Karma und Wiedergeburt

Karma und Wiedergeburt

Die Frage, ob mit dem Tod alles vorbei ist oder ob es wie auch immer weitergeht, ist wahrscheinlich die schwierigste Frage die man sich stellen kann. Es gibt vier verschiedene Ansichten, die man in Bezug auf die menschliche Bestimmung nach dem Tode einnehmen kann:

Die Materialistische Sichtweise besagt, dass es kein Weiterleben gibt. Diese besagt, dass ein Mensch nur aus Materie besteht und das der Geist nur lediglich durch die Hirntätigkeit definiert ist (René Descartes: „Ich denke, also bin ich“). Mit dem Tod kommt demzufolge alles Bewusstsein zu einem Ende. Der Lebensprozess ist erloschen und nichts verbleibt außer der leblosen Materie des Körpers.

Die zweite Sicht wird vertreten durch die Theistischen Religionen: Christentum, Judentum, Islam. Diese Ansicht vertritt den Glauben, dass es ein ewiges Leben nach dem Tode gibt. Nach diesen Religionen leben wir ein einziges Leben auf dieser Welt, und dann nach dem Tod werden wir in einem Zustand ewiger Existenz, bedingt durch unseren jetzigen Glauben und Verhalten, entweder in einer ewigwährenden Himmelswelt oder in einer ewigwährenden Hölle enden.

 Die dritte Sichtweise, die wir im Hinduismus finden, ist die Lehre der Wiedergeburt. Es wird gesagt, das dieses Leben nur ein Glied in der Kette zahlloser Leben ist, die weit zurück in die Vergangenheit und weiter in der Zukunft geht. Diese Kette von Wiedergeburten nennt man Samsara. Dieses Wort bedeutet „fortwährendes weiterwandern“. Es beschreibt den Kreislauf von Geburt, Altern, Krankheit und Tod und wiederholt sich immer und immer wieder.

Buddhismus und Hinduismus teilen das Konzept der Wiedergeburt, jedoch unterscheidet sich das Konzept des Buddhismus in Bezug auf die Seele (atman) deutlich von dem des Hinduismus.

Im Hinduismus geht man von einer beständigen und ewigen Seele aus, die von einem Körper in den nächsten wandert. Die Seele bewohnt diesen Körper. Wenn das Leben in diesem Körper erloschen ist (Tod), wirft die Seele diesen Körper ab, und geht weiter um einen neuen Körper anzunehmen.

Die Bagavagita, vergleicht das mit einem Mann, der einfach nur den Anzug wechselt. Der Mann bleibt der gleiche, aber die Anzüge sind verschieden. Und so bleibt auch die Seele die gleiche, von einem Leben zu dem nächsten.

Die vierte Sichtweise, die ursprüngliche Lehre des historischen Buddha, ist diesbezüglich anders.

In den Lehrreden des Buddha wird Wiedergeburt als erneutes Werden (punobbhava) beschrieben. Dieses erneute Werden vollzieht sich OHNE ein Selbst oder eine Seele, rein als Prozess „Bedingten Entstehens“ (paṭiccasamuppāda).

Seit anfangsloser Zeit, so erkannte es der Buddha bei seinem Erwachen, treten im Tod eines Lebewesens immer wieder neue Daseinsgrundlagen (Körper und Geist) bedingt in Erscheinung, wodurch das Kontinum des Bewußtseins weiter aufrecht erhalten wird.

Wo, wie und unter welchen Umständen diese in Erscheinung treten, ist abhängig von den karmischen Dispositionen (kamma vipaka) aus früheren Manifestationen. Die Triebkraftaft hinter diesem Prozess ist gemäß der zweiten edlen Wahrheit unser Verlangen (Durst/tanha) nach sinnlichem Erleben (kama) und erneutem Werden (punabbhava).

Bewusstsein (vinnana), Verlangen (tanha) und reifendes Karma (kamma vipaka) sind somit die drei Faktoren, welche das erneute Werden (punobbhava) gestalten. Der Buddha erläutert dies in einem Zwiegespräch mit Ananda wie folgt:

Aṅguttara Nikāya 3
8. Anandavagga
76. Paṭhamabhavasutta (Werden 1)

Dann ging der Ehrwürdige Ananda zum Gesegneten und verbeugte sich bei seiner Ankunft vor ihm und setzte sich an eine Seite. Während er dort saß, sagte er zum Gesegneten: "Herr, dieses Wort 'Werden (bhava), Werden' - inwieweit gibt es ein Werden?"

"Ananda, wenn es kein Karma (kamma) gäbe, dass in der Sinnlichkeitsphäre zu Wirkung kommt (kāma-dhātu-vepakkañca), würde dann Sinnlichkeit-Werden wahrgenommen werden?" - "Nein, Herr."

"So ist Kamma das Feld (kamma khetta),
das Bewusstsein der Same (viññāṇa bīja) und
das Verlangen die Feuchtigkeit (taṇhā sneho).

Das Bewusstsein der Lebewesen (sattā),
die durch Unwissenheit gehemmt (avijjā-nīvaraṇa) und
durch Verlangen gefesselt (taṇhā-saṃyojana) sind,

findet in einer niedrigeren Sphäre (hīnāya dhātuyā) Unterstützung (patiṭṭhita).
So entsteht in der Zukunft ein erneutes Werden (punabbhavābhinibbatti).

"Wenn es kein Kamma gäbe, das in der (feinstofflichen) Form-Sphäre zur Wirkung kommt (rūpa-dhātu-vepakkañca), würde dann Form-Werden (als feinstofflich formhaftes Wesen) wahrgenommen werden?" - "Nein, Herr."

"So ist Kamma das Feld, das Bewusstsein der Same und das Verlangen (Durst/tanha) die Feuchtigkeit. Das Bewusstsein der Lebewesen, die durch Unwissenheit gehemmt und durch Verlangen gefesselt sind, findet in einer mittleren Sphäre (majjhima dhātu) Unterstützung. So entsteht in der Zukunft ein erneutes Werden.

"Wenn es kein Kamma gäbe, das in der Formlosen-Sphäre zur Wirkung kommt (arūpa-dhātu-vepakkañca), würde dann formloses Werden (als formloses Wesen) wahrgenommen werden?" - "Nein, Herr."

"So ist Kamma das Feld, das Bewusstsein der Same und das Verlangen die Feuchtigkeit. Das Bewusstsein der Lebewesen, die durch Unwissenheit gehemmt und durch Verlangen gefesselt sind, findet in einer verfeinerten Sphäre (paṇīta dhātu) Unterstützung.

So entsteht in der Zukunft ein erneutes Werden. Auf diese Weise gibt es ein Werden."

Das Karma ist also NICHT die Ursache für erneutes Werden, dies ist ja gemäß der zweiten edlen Wahrheit die Begierde (rāga) nach und das Ergötzen (nandi) an den Sinnes- und Geistobjekten. Das Karma bestimmt lediglich wie, wo und unter welchen Umständen Daseinsgrundlagen (Körper und Geist) wieder in Erscheinung treten.

Solange es noch ein Verlangen (tanha) nach Werden (bhava) zum Zwecke sinnlichen Erlebens (kama) gibt, solange geht das Bewußtsein im Tod eines Lebewesen auf einen neu entstehenden Organısmus (Geist und Körper) über. Bei einer physischen Manifestation geschieht dies zum Zeitpunkt der Empfängnis. Bei einem feinstofflichen Lebewesen vollzieht sich dies spontan, also ohne Empfängnis, Werden und Geburt.

Der Buddha beschreibt dies wie folgt:

MN 38
...
„Ihr Bhikkhus, die Empfängnis eines Embryos im Schoß (der Mutter) findet statt, wenn drei Dinge zusammenkommen.

Wenn die Vereinigung von Vater und Mutter stattfindet,
aber die Mutter NICHT ihre fruchtbaren Tage hat,
und das Wesen, das wiedergeboren werden soll, NICHT anwesend ist

in diesem Fall gibt es keine Empfängnis.

Wenn die Vereinigung von Vater und Mutter stattfindet,
und die Mutter ihre fruchtbaren Tage hat,
aber das Wesen, das wiedergeboren werden soll, NICHT anwesend ist

auch in diesem Fall gibt es keine Empfängnis.

Aber wenn die Vereinigung von Vater und Mutter stattfindet,
und die Mutter ihre fruchtbaren Tage hat,
und das Wesen, das wiedergeboren werden soll, anwesend ist

in diesem Fall gibt es eine Empfängnis!"

Da ist also NICHTS Beständiges und Ewiges, was man ein Selbst (atta) nennen könnte, und somit auch NICHTS Substanzielles oder Transzendentes (Wesenskern), was von Dasein zu Dasein wander würde. Es ist ein anfangsloser Prozess bedingten Entstehens, Vergehens und Anderswerdens, durch den das Bewusstsein aufrecht erhalten wird.

Dabei ist zu beachten, dass es kein Bewusstsein „an sich“ gibt, sondern Bewusstsein immer nur bedingt durch Sinne und Sinnesobjekte sowie Geist und Geistobjekte entsteht. Bewusstsein ist also auch kein Selbst! Ohne Daseinsgrundlagen (Körper und Geist) mit intakten Sinnesorganen und Denkorgan gäbe es auch kein Bewusstsein.

Nachfolgend erklärt der Buddha, dass ein Lebewesen ohne den Fortbestand des Bewusstseins eines vorherigen Lebewesens nicht entstehen würde.

SN 12.2

„Durch Bewusstsein bedingt ist Name und Form (nama-rupa), wenn das so gesagt wird, soll man, Ānanda, das in dieser Weise verstehen, wie Geist und Körper durch (den Fortbestand des) Bewusstsein bedingt ist:

Wenn aber, Ānanda, das Bewusstsein nicht in den Mutterschoß eintreten würde, würde dann Körper und Geist im Mutterschoß heranreifen?" - "Nein, das nicht, Verehrungswürdiger."

"Wenn, Ānanda, das Bewusstsein, nachdem es in den Mutterschoß eingetreten ist, sich wieder zurückziehen würde, würde dann hier Geist und Körper geboren?" - "Nein, das nicht, Verehrungswürdiger."

"Wenn das Bewusstsein von einem kleinen Kind, einem Jungen oder Mädchen sich abtrennen würde, könnte dann Geist und Körper zu Fortschritt, Wachstum und Fülle kommen?" - "Nein, das nicht, Verehrungswürdiger."

"Daher, Ānanda, ist dies der Grund, ist dies die Ursache, ist dies die Entstehung, ist dies die Bedingung für Geist und Körper, nämlich das Bewusstsein."

'Durch Geist und Körper bedingt ist Bewusstsein', wenn das so gesagt wird, soll man, Ānanda, das in dieser Weise verstehen, wie Bewusstsein durch Geist und Körper bedingt ist:

Wenn, Ānanda, Bewusstsein in Geist und Körper sich nicht festsetzen würde, würde in der Zukunft Leid entstehen durch Geburt, Altern und Sterben?" - "Nein, das nicht, Verehrungswürdiger."

"Daher, Ānanda, ist dies der Grund, ist dies die Ursache, ist dies die Entstehung, ist dies die Bedingung für das Bewusstsein, nämlich Name und Form (namarupa). Insofern Ānanda, wird man geboren, altert, stirbt, scheidet dahin, wird wieder geboren. Insofern ist die Möglichkeit für Benennung, die Möglichkeit zu definieren, die Möglichkeit für Erklärungen, das ganze Gebiet der Weisheit und 

so lange läuft der Daseinskreislauf weiter, bis verstanden wird, dass Name und Form (Geist und Körper) und Bewusstsein sich gegenseitig bedingen!“

Das Gesetz von Ursache (kamma) und Wirkung (vipaka)

Der Buddha lehrt: „Karma ist Absicht (cetana)“.

Karma entsteht, wenn es motiviert (Absicht) durch Gier, Hass oder Verblendung
zu Aktivitäten (sankhara) in Form von Denken, Reden und Handeln kommt. 

AN 3.34

Drei Entstehungsgründe der Taten (kamma) gibt es, ihr Mönche. Welche drei?

Gier (Verlangen) ist ein Entstehungsgrund der Taten;
Haß (Abneigung) ist ein Entstehungsgrund der Taten;
Verblendung (geistige Blindheit) ist ein Entstehungsgrund der Taten.“

In der Lehre des Buddha vom „Bedingten Entstehen“ erklärt er dies wie folgt:

(Grundlage für die kognitiven Prozesse sind Körper und Geist mit Sinnesorganen und Denkorgan)

Bedingt durch Sinne und Sinnesobjekte sowie Geist und Geistobjekte entsteht das jeweilige Sinnen- und GeistbewusstseinDas Zusammentreffen der drei ist KontaktBedingt durch den Kontakt entstehen Empfindungen (angenehm, unangenehm oder indifferent). Wahrnehmungen (Assoziation und Benennung) und Gestaltungen (Aktivitäten in Gedanken, Worten und Werken).

Empfindung und Wahrnehmung sind noch nicht karmisch wirksam. Wenn man jedoch anfängt, motiviert durch Gier, Hass und Verblendung, über das Sinnen- bzw. Geist-Objekt nachzudenken (mentale Gestaltungen/sankhara):

wie kann ich die angenehme Empfindung aufrecht erhalten bzw. erneuern (Verlangen),
oder wie kann ich die unangenehme Empfindung loswerden bzw. vermeiden (Abneigung),
oder man erkennt aufgrund von Verblendung (geistiger Blindheit) nicht die Bedingtheit (siehe oben),

dann führt dies zu karmisch wirksamen Aktivitäten!!

Verbleiben wir jedoch in Gleichmut (frei von Gier, Hass und Verblendung) so ist dies karmisch neutral.

AN 3.34
„Drei (weitere) Entstehungsgründe der Taten gibt es, ihr Mönche. Welche drei?

Gierlosigkeit ist ein Entstehungsgrund der Taten;
Haßlosigkeit ist ein Entstehungrund der Taten;
Unverblendung ist ein Entstehungsgrund der Taten.

Eine Tat, ihr Mönche, die aus Gierlosigkeit—aus Haßlosigkeit—aus Unverblendung getan wurde, die daraus entsprungen, dadurch bedingt und entstanden ist, solche Tat ist—insofern Gier, Haß und Verblendung geschwunden sind—überwunden, entwurzelt, gleich einer Fächerpalme dem Boden entrissen, vernichtet und keinem Neuentstehen mehr unterworfen.“

Alle Wesen sind verwoben in ein Netzwerk von Ursache (kamma) und Wirkung (vipaka).

Auch wenn nicht alles, was wir erleben, karmische Ursachen hat, so entstehen gute wie schlechte karmische Wirkungen (kamma vipaka) immer bedingt durch heilsame bzw. unheilsame Aktivitäten in diesem oder einem der früheren Leben.

Auf jeden Fall ist es karmisch bedingt,

wo wir in Erscheinung treten (Daseinsbereich),
womit wir in Erscheinung treten (Daseinsgrundlage) und
unter welchen Umständen dies geschieht.

Dabei ist zu beachten, dass es nicht unbedingt infolge der heilsamen Aktivitäten in diesem Leben auch schon in diesem bzw. dem nächsten Leben zu guten karmischen Auswirkungen kommen wird. Es kann sogar sein, dass zunächst noch schlechte Auswirkungen einer früheren Existenz zur Auswirkung kommen.  Ebenso kann auf ein unheilsames Leben ein Leben mit guten karmischen Auswirkungen folgen. Es kann sogar sein, dass aufgrund von falschen oder richtigen Ansichten zum Zeitpunkt des Todes die nächste Karmawirkung beeinflusst wird.

Einzig der Stromeintritt (sotapanna) gibt uns die Sicherheit nicht mehr in den niederen Daseinbereichen in Erscheinung zu treten!

Nun hat alles Karma nur begrenzte Kraft. Wenn schlechtes Karma z.B. eine leidvolle Erfahrung hervorbringt, dann verbraucht es sich im Zustandekommen dieser Erfahrung auch, ähnlich wie sich eine Kerze bei der Erzeugung von Licht und Wärme verbraucht. Demnach müßte also einmal der Vorrat alles aufgehäuften Karmas aufgebraucht sein und sich ein Ende des Leidens (dukkha) abzeichnen.

Leider ist dem nicht so!

Infolge von Unwissenheit (avijja) produzieren wir immer neues Karma. Wir reagieren nämlich auf alles Unangenehme, was uns als Frucht alten Karmas entgegentritt, sofort mit spontaner Abwehr. Abwehr aber ist eine mit Haß (Abneigung) verbundene Willensregung und schafft neues übles Karma, welches in der Zukunft neues Leiden bringen wird.

Schlechtes Karma in Verbindung mit Unwissenheit hat also die Tendenz, sich in einem endlosen Kreislauf ständig selbst zu erneuern.

Leider kann man das vom guten Karma nicht sagen. Gutes Karma bringt angenehme Erfahrungen hervor, und hier besteht die Gefahr, daß infolge der Unwissenheit (avijja) immer wieder neues Verlangen nach dem Angenehmen entsteht. Verlangen aber ist eine mit Gier verbundene Willensregung und erzeugt ebenfalls schlechtes Karma mit Leiden im Gefolge.

Wem dieser Mechanismus durch Unwissenheit (avijja) bedingter Leidanhäufung bewußt geworden ist, der begreift, warum der Buddha das Werden im Daseinskreislauf Leiden nennt. Wer mit Erschrecken die abwärts führenden Daseinsfährten sieht, in dem wird der Wunsch wach, diesen Prozess bedingten Werdens im Daseinskreislauf (samsara) zu durchbrechen. Ohne die Weisheit des Buddha Dhamma gäbe da keinen Ausweg aus dem seit anfangsloser Zeit bestehenden Daseinskreislauf.

Im gesamten Universum gibt es das Gesetzt von Ursache und Wirkung. Dies gilt nicht nur in der Physik, sondern auch für alle geistigen Prozesse. Wir ernten die Wirkungen von früheren Ursachen. Wir schaffen jetzt die Ursachen für zukünftige Wirkungen. Die Karmawirkung ist gesichert. Eine einmal begangene Handlung bringt eine ähnliche Auswirkung hervor. Man erntet die Frucht gemäß dem Samen. Es muss also eine ähnliche Auswirkung geben. Dies funktioniert sowohl negativ,  positiv wie auch gemischt.

Negatives Karma führt in die niederen Daseinsbereiche,
gemischtes Karma in das Menschenreich und
positives Karma in die himmlischen und göttlichen Bereiche.

Ein Arahant ist in seinem letzten Leben auch nicht von den Auswirkungen seines Karma befreit. Jedoch erfährt er keine neuen Auswirkungen mehr, weil er nicht mehr in Erscheinung tritt. Es ist also nicht erforderlich, wie manchmal behauptet wird, dass man sein Karma komplett auflöst, bevor man Nirvana erlangen könnte!

Das beste Beispiel dafür findet sich in den Lehrreden des Buddha in Bezug auf den Massenmörder Angulimala. Er wurde ein Arahant und damit befreit vom Werden, ohne sein äußerst schlechtes Karma noch in weiteren Leben erfahren zu müssen.

Was ist nun negativ (unheilsam) und was ist positiv (heilsam)?

Hierzu gibt es zwei Sichtweisen. Eine Sichtweise bezieht sich auf das Wirken und Erfahren in den Daseinsbereichen und eine zweite in Bezug auf die Beendigung des seit anfangsloser Zeit bestehenden Kontinuums von Geburt, Alter, Krankheit und Tod auf allen Daseinsbereichen und in allen Daseinsformen.

Karmisch unheilsam ist, was das in Gier, Hass und Verblendung begründete Wirken, das Haben und Sein-Wollen und damit das Ergreifen von „ICH und Mein in der Welt“ stärkt. Ist die Anhaftung daran nicht überwunden, kommt es zu leidvoller oder gemischter Wiedergeburt.

Karmisch heilsam ist, was gierlos, hasslos und unverblendet bewirkt wird. Somit alles, was das Haben und Sein-Wollen und damit das Ergreifen von „ICH und Mein“ schwächt. Ist die Anhaftung daran nicht ganz überwunden, kommt es zu freudvoller oder gemischter Wiedergeburt. 

Gutes Karma alleine führt jedoch nicht zur Befreiung vom Daseinskreislauf (samsara)!

Erst wenn wir die Unwissenheit (avijja) durch das „richtigen Verständnis“ der „vier edlen Wahrheiten“ über dukkha überwunden haben,  sind wir desillusioniert (nibbida). Desillusioniert schwindet die Begierde (virāga). Begierdelos sind wir befreit vom Daseinskreislauf!

Unheilsame Handlungen führen zu negativem Karma. Hierzu gehören:

Drei Kaya Sankhara (unmoralische Taten mit dem Körper):

1. Töten (sowie verletzen + quälen) von Lebewesen
2. Nehmen, was einem nicht gegeben wurde (stehlen, betrügen)
3. Sexuelles Fehlverhalten

Vier Vaci Sankhara (unmoralische Taten mit Sprache):

4. Lügen
5. Verleumdung
6. harte, verletzende Rede
7. Leeres Geschwätz, frivoles Gerede

Drei Mano Sankhara (unmoralische Taten mit dem Geist):

8. Habgier (jede Form der Begierde in Bezug auf Haben und Seinwollen)
9. Böswilligkeit (jede Form des Übelwollens in Bezug auf andere Wesen)
10. Falsche Ansichten (in Bezug auf das Werden im Daseinskreislauf)


Heilsame Handlungen führen zu positivem Karma. Hierzu gehören:

1. Das Leben anderer Lebewesen zu schützen
2. Freigebigkeit und Großzügigkeit
3. ein harmonisches sexuelles Verhalten
4. aufrichtig die Wahrheit zu sagen
5. Zerstrittene und Befeindete auszusöhnen
6. ruhig und vertrauenswürdig zu sprechen
7. Sinnvolles und heilsames zu sagen
8. genügsam und grosszügig zu sein
9. sich in liebender Güte und Mitgefühl zu üben
10. sich dem zuzuwenden, was heilsam und weise ist.

Karma ist selbstgeschaffen. Es ist also kein blindes Schicksal oder gar Gott gewollt. Darum gilt es die aktuelle Lebenssituation so anzunehmen wie sie ist, Unheilsames nicht weiter zu führen und dafür Heilsames zu kultivieren.

Karma wächst aber auch an. Aus einem winzigen Samen kann ein großer Baum mit vielen Ästen und Früchten werden. Auch die kleinste Handlung kann bei ständiger Wiederholung zu großen Auswirkungen führen. Dies gilt für heilsame wie auch unheilsame Handlungen.

Entscheidend für die bei einer Handlung erzeugte karmische Prägung ist die der Handlung zugrundeliegende Absicht. Gemäß der buddhistischen Lehre ist hierbei das Denken als Handlungsform den körperlichen Handlungen und der Rede übergeordnet.

Ein voll ausgeprägtes Karma liegt dann vor, wenn man getrieben von Gier (Verlangen), Hass (Abneigung) oder Verblendung (falschen Ansichten) den Prozess wie folgt einleitet, fortführt und abschließt:

1. Absicht/Entschluss,
2. Auswahl der Person/des Objektes
3. Planung/Beauftragung der Umsetzung
4. Durchführung (selbst od. durch Andere)
5. Genugtuung empfindet über die Tat.

Die karmische Wirkung steigt mit jeder dieser Stufen im Prozess.

Solange wir noch im Daseinskreislauf in Erscheinung treten, löst sich eine einmal begangene Handlung (kamma) nicht von alleine wieder auf. Irgendwann treffen wir auf seine Wirkung (vipaka). Sei es auch erst in Äonen.

Zur Reifung kommt des Karma dann,
wenn die Bedingungen dazu vorhanden sind und ein entsprechender Faktor als Auslöser hinzukommt.

Im nächsten Leben kommt in der Regel das alles beherrschende bzw. stärkste Karma (z.B. Töten) zur Auswirkung. Durch Töten ist eine niedere Wiedergeburt in den leidhaften Daseinsbereichen vorprogrammiert. Darum ist es so wichtig, sich an die 5 Silas (Tugendregeln) zu halten. Darüber hinaus ist es wichtig, möglichst viel positives Karma durch heilsame Handlungen zu bewirken. Wenige unheilsame Handlungen fallen unter vielen heisamen Handlungen nicht weiter ins Gewicht.

Wir begegnen den Wirkungen unserer Ursachen jedoch nicht nur in einer menschlichen Existenz. Nach der buddhistischen Lehre gibt es unterschiedliche Daseinsformen in den entsprechenden Daseinsbereichen. In diesen nehmen wir je nach unserem Karma Körper an, mit denen wir dort dann die Erfahrungen machen, die unserem Wirken in vorherigen Leben entsprechen. Gemäß unserem Karma erleiden wir höllische Qualen, nicht erfüllte Begierden, Existenzen als Tier und Mensch, wie auch glückliche Existenzen in den himmlischen und göttlichen Bereichen.
 
Die Wiedergeburt in den Bereichen ohne physische Körper erfolgt spontan in einem feinstofflichen Körper.  Es sind dies die höllischen Bereiche, die Bereiche unerfüllter Begierden (Geister), die himmlichen und die göttlichen Bereiche. Ein Aufenthalt hier kann äußerst lange andauern. Ist aber das positive bzw. negative Karma aufgebraucht, verlassen die Wesen diese Bereiche auch wieder und werden in Bereichen wiedergeboren, die den nächt stärkeren karmischen Dispositionen entsprechen.

Einzig die Überwindung des Daseinskreislaufes (Samsara) durch den von Buddha aufgezeigten Weg zum Verlöschen von Gier, Hass und Verblendung führt uns zur Befreiung, Nirvana.

Die beste Ausgangslage dazu haben wir in der menschlichen Existenz. Dort sind wir mit genügend Vernunft begabt, um die Lehren und Gesetzmäßigkeiten zu verstehen und zu praktizieren. In den leidvollen Bereichen sind wir nicht offen für solche Erkenntnis; als Tier sind wir zu dumpf, uns fehlt zudem das Vermögen, die Lehre zu verstehen und zu praktizieren; in den himmlischen und göttlichen Bereichen geht es uns zu gut, um überhaupt ein Bedürfnis nach Befreiung zu empfinden.

Darum sollten wir das kostbare menschliche Dasein hoch schätzen. Es ist schwer zu erlangen, schwer aufrecht zu erhalten, schwer ist es die ursprüngliche Lehre des historischen Buddha zu finden, zu verstehen und praktizieren zu können.

Der Buddha beschreibt in der nachfolgenden Lehrrede vier Arten von Karma, wobei nur die vierte Variante zur Befreiung führt:

„Dunkle“ Handlungen führen in die niederen Daseinsbereiche,
„helle“ Handlungen führen in die höheren Daseinsbereiche,
gemischte Handlungen führen z.B. in den menschlichen Daseinsbereich,

Handlungen (edle achtfache Pfad), die keine erneutes Werden mehr zur Folge haben, und somit zur Vernichtung der Handlungen (kammakkhayāya) führen.

Der Edle Schüler (ariya savaka) verbleibt beim Kontakt der Sinne mit dem Sinnesobjekten sowie dem Geist mit den Geistobjekten aufgrund der Überwindung der Triebe (Unwissenheitstrieb, Werdenstrieb u. Sinnentrieb) in Gleichmut. So kommt es nicht mehr zu Verlangen (Gier), Abneigung (Hass) od. falschen Ansichten (Verblendung).

Kukkuravatika Sutta (MN 57)
Vier Arten von Kamma

„Puṇṇa, es gibt vier Arten von Handlungen (kamma), die von mir verkündet werden, nachdem ich sie mit höherer Geisteskraft (abhiññā) unmittelbar selbst verwirklicht habe.

Was sind die vier?

Es gibt dunkle Handlungen (kamma kaṇha) mit einem dunklen Ergebnis (kaṇha-vipāka);
Eine helle Handlung (kamma sukka) bringt ein helles Ergebnis (sukka-vipāka).
eine dunkle und helle Handlung (kanhasukkam) bringt dunkles und helles Ergebnis (kanhasukkavipākam);

eine Handlung, die weder dunkel noch hell ist (kamma akaṇha asukka), mit weder dunklem noch hellem Ergebnis (akaṇha­-asukka-­vipāka); eine Handlung, die zur Vernichtung von Handlungen führt (kammakkhayāya saṃvattati).“

Und was, Puṇṇa, sind „dunkle“ Handlungen (kamma) mit „dunklen“ Ergebnissen (vipaka)?

Da begeht jemand eine leidbringende (sabyābajjha) körperliche Gestaltung (kāya-saṅkhāra),
begeht eine leidbringende sprachliche Gestaltung (vacī-saṅkhāra),
begeht eine leidbringende geistige Gestaltung (mano-saṅkhāra).

Nachdem er eine leidbringende körperliche Gestaltung,
eine leidbringende sprachliche Gestaltung,
eine leidbringende geistige Gestaltung erzeugt hat,

erscheint er in einer leidbringenden Welt wieder (sabyābajjhaṃ lokaṃ upapajjāti).

Wenn er in einer leidbringenden Welt wiedererschienen ist, berühren ihn leidbringende Kontakte (sabyābajjhā phassā). Von leidbringenden Kontakten berührt, fühlt er leidbringende Gefühle (sabyābajjhaṃ vedanaṃ), äußerst schmerzhaft (ekanta-dukkha), wie im Fall der Höllenwesen (sattā nerayikā).

So geschieht das Wiedererscheinen eines Wesens aufgrund eines (vorherigen) Wesens (bhūtā bhūtassa upapatti): Man erscheint aufgrund der Handlungen, die man begangen hat, wieder (yaṃ karoti tena upapajjāti). Wenn man wiedererschienen ist, berühren einen Kontakte. So sage ich, daß die Wesen die Erben ihrer Handlungen (kammadāyādā sattā) sindDies nennt man dunkle Handlung mit dunklem Ergebnis“.

„Und was, Puṇṇa, ist „helles“ Kamma mit „hellen“ Ergebnissen?

Da erzeugt jemand eine nicht-leidbringende körperliche Gestaltung,
eine nicht-leidbringende sprachliche Gestaltung,
eine nicht-leidbringende geistige Gestaltung.

Nachdem er eine nicht-leidbringende körperliche Gestaltung, eine nicht-leidbringende sprachliche Gestaltung, eine nicht-leidbringende geistige Gestaltung erzeugt hat, erscheint er in einer nicht-leidbringenden Welt wieder. Wenn er in einer nicht-leidbringenden Welt wiedererschienen ist, berühren ihn nicht-leidbringende Kontakte. Von nicht-leidbringenden Kontakten berührt, fühlt er nicht-leidbringende Gefühle, äußerst angenehm, wie im Fall der Götter der Leuchtenden Herrlichkeit.

So geschieht das Wiedererscheinen eines Wesens aufgrund eines Wesens: Man erscheint aufgrund der Handlungen, die man begangen hat, wieder. Wenn man wiedererschienen ist, berühren einen Kontakte. So sage ich, daß die Wesen die Erben ihrer Handlungen sind. Dies nennt man helle Handlung mit hellem Ergebnis.“

„Und was, Puṇṇa, ist dunkle und helle Tat mit dunklem und hellem Ergebnis?

Da erzeugt jemand eine körperliche Gestaltung, die sowohl leidbringend, als auch nicht-leidbringend ist,
eine sprachliche Gestaltung, die sowohl leidbringend, als auch nicht-leidbringend ist,
eine geistige Gestaltung, die sowohl leidbringend, als auch nicht-leidbringend ist. 

Nachdem er eine körperliche Gestaltung, eine sprachliche Gestaltung, eine geistige Gestaltung, die sowohl leidbringend, als auch nicht-leidbringend ist, erzeugt hat, erscheint er in einer Welt wieder, die sowohl leidbringend, als auch nicht-leidbringend. Wenn er in einer Welt wiedererschienen ist, die sowohl leidbringend, als auch nicht-leidbringend ist, berühren ihn sowohl leidbringende, als auch nicht-leidbringende Kontakte. Von sowohl leidbringenden, als auch nicht-leidbringenden Kontakten berührt, fühlt er sowohl leidbringende, als auch nicht-leidbringende Gefühle, Glück und Schmerz vermischt,

wie im Fall der Menschen und einiger Himmelswesen und einiger Wesen in den niedrigeren Welten.

So geschieht das Wiedererscheinen eines Wesens aufgrund eines Wesens: Man erscheint aufgrund der Handlungen, die man begangen hat, wieder. Wenn man wiedererschienen ist, berühren einen Kontakte. So sage ich, daß die Wesen die Erben ihrer Handlungen sind. Dies nennt man dunkle-und-helle Handlung mit dunklem-und-hellem Ergebnis.“

Und was, Puṇṇa, ist Handlung, die weder dunkel, noch hell ist, mit weder-dunklem-noch-hellem Ergebnis, Handlung, die zur Vernichtung von Handlung führt?

(Die Absicht nicht mehr weiter im Daseinskreislauf in Erscheinung zu treten und statt dessen Nirvana zu erlangen)

Der Wille (cetanā), der im Aufgeben (pahānāya) der Art von Handlung steckt, die dunkel, mit dunklem Ergebnis ist;
und der Wille, der im Aufgeben der Art von Handlung steckt, die hell, mit hellem Ergebnis ist;
und der Wille, der im Aufgeben der Art von Handlung steckt, die dunkel und hell, mit dunklem und hellem Ergebnis ist:

Dies nennt man Handlung, die weder dunkel, noch hell ist, mit weder-dunklem-noch-hellem Ergebnis,

(Das Zurruhekommen aller Gestaltungen: sabba-sankhāra-samatha)

die zur Auflösung (saṃvattatī) und Aufhebung der Handlung (kammakkhayāya) führt.

Dies sind die vier Arten der Handlung, die von mir verkündet wurden, nachdem ich sie mit höherer Geisteskraft unmittelbar selbst verwirklicht habe.“

Da das reifende Wirken (kamma vipaka) auf eine Willensäußerung (cetanā) in früheren Leben zurückzuführen ist (Karma ist Absicht), die zu karmisch wirksamen Aktivitäten (sankhāra) in Gedanken, Worten und Werken führte, so ist auf diese Weise auch die Formel des bedingten Entstehens zu verstehen:

Durch die Willensregungen (in Bezug auf Sinnes- und Geistobjekte) bedingt ist (der Fortbestand des) Bewußtsein (sankhāra-paccayā viññānam), durch das Bewußtsein bedingt ist Geist-Körperlichkeit (viññāna-paccayā nāma-rūpam).

Saṃyutta Nikaya 12
Von den Ursachen
39. Der Wille (Cetanāsutta)

Bei Sāvatthī.

[Bedingt durch Nicht-Wissen (avijja) in Bezug auf die „Vier edlen Wahrheiten“ sind Willensregungen (sankhara)]

„Was einer beabsichtigt (mentale Gestaltungen), ihr Bhikkhus, und
was er plant (was möchte ich erleben, haben od. sein), und
wozu auch immer es eine Tendenz (Sinnes- u. Geistobjekten sowie Daseinsgrundlagen) gibt,

das wird eine Grundlage (ārammaṇa) für die Aufrechterhaltung (ṭhiti) des Bewusstseins

(Empfängnis: Bewusstsein verbindet sich mit befruchteter Eizelle)

Wenn es eine Grundlage gibt, gibt es eine Unterstützung (patiṭṭhā) für das Bewusstsein.
Wenn das Bewusstsein (zum Zeitpunkt der Empfängnis) übergeht (avakkanti), gibt es ein Wachstum (virūḷhe) von Geist und Körper (nama-rupa).

[„Wenn dieses ist, ist jenes“ (Iti imasmiṃ sati idaṃ hoti)]

Bedingt durch Geist und Körper sind die sechs Sinnesbereiche (fünf Sinne u. Denken);
Bedingt durch die sechs Sinnesbereiche ist die Berührung (Sinnesorgan+Sinnesobjekt+Sinnesbewusstsein);
Bedingt durch die Berührung ist die Empfindung (angenehm, unangenehm oder indifferent);
Bedingt durch die Empfindung ist der Durst (Verlangen, Abneigung u. Verblendung);
Bedingt durch den Durst ist das Ergreifen (und Anhaften an Sinnes- u. Geistobjekten sowie Daseinsgrundlagen);
Bedingt durch das Ergreifen ist das Werden (in einem der Daseinsbereiche gemäß den karmischen Dispositionen);
Bedingt durch das Werden ist die Geburt (als physisches, feinstofflich formhaftes od. nicht formhaftes Wesen);
Bedingt durch die Geburt sind Alter und Tod, Schmerz, Kummer, Leid, Betrübnis und Verzweiflung.

Auf solche Art kommt der Ursprung der leidvollen Daseinsgruppen (Körper und Geist nebst Bewusstsein) zustande.

Wenn einer aber nichts beabsichtigt, ihr Bhikkhus, und nichts plant, es aber doch eine Tendenz (zu den Sinnes- u. Geistobjekten sowie Daseinsgrundlagen) gibt, so entsteht damit eine Grundlage für die Aufrechterhaltung des Bewußtseins.

Wenn es eine Grundlage gibt, gibt es eine Unterstützung (patiṭṭhā) für das Bewusstsein.
Wenn das Bewusstsein übergeht (Empfängnis), gibt es ein Wachstum von Geist und Körper (in der Gebärmutter).
Bedingt durch Geist und Körper sind die sechs Sinnesbereiche usw. …
Auf solche Art kommt der Ursprung der leidvollen Daseinsgruppen (dukkha-khandha) zustande.

(Nirvana ist das Ende aller im Nicht-Wissen wurzelnden Willensregungen)

Wenn einer aber NICHTS beabsichtigt, ihr Bhikkhus, und NICHTS plant und es auch KEINE Tendenz (zu den Sinnes- u. Geistobjekten sowie Daseinsgrundlagen) gibt, so gibt es auch KEINE Grundlage für die Aufrechterhaltung des Bewußtseins.

Wenn es keine Grundlage gibt, gibt es keine Unterstützung für das Bewusstsein.
Wenn das Bewusstsein NICHT (keine Empfängnis) übergeht, gibt es KEIN Wachstum von Geist und Körper.

[Wenn dieses nicht ist, ist auch jenes nicht (Imasmiṃ asati idaṃ na hoti)]

Aus der Aufhebung von Geist und Körper folgt Aufhebung der sechs Sinnesbereiche;
aus der Aufhebung der sechs Sinnesbereiche folgt Aufhebung der Berührung;
aus der Aufhebung der Berührung folgt Aufhebung der Empfindung;
aus der Aufhebung der Empfindung folgt Aufhebung des Durstes;
aus der Aufhebung des Durstes (Tanha) folgt Aufhebung des Ergreifens;
aus der Aufhebung des Ergreifens folgt Aufhebung des Werdens;
aus der Aufhebung des Werdens folgt Aufhebung der Geburt;
durch Aufhebung der Geburt werden Alter und Tod, Schmerz, Kummer, Leid, Betrübnis und Verzweiflung aufgehoben.

Auf solche Art kommt die Aufhebung; der leidvollen Daseinsgruppen zustande.“


Was durch Bedingungen in Erscheinung tritt, kann auch durch das Aufhören dieser Bedingungen auch aufhören in Erscheinung zu treten. Dies ist der Grund dafür, dass wir Nirvana, das Ungewordene, Unbedingte überhaupt erlangen können:

saṃyutta nikaya 22
die daseinsgruppen
53. Anhaften (Upayasutta)

so habe ich gehört. Einst weilte der Erhabene zu Sāvatthī, im Jeta-Hain, im Kloster des Anāthapindika.

Dort wandte sich der Erhabene an die Mönche: „Ihr Mönche!“—„Ja, o Herr“, antworteten jene Mönche dem Erhabenen. Der Erhabene nun sprach also:

Anhaften ihr Mönche, ist nicht befreit sein, nicht anhaften ist befreit sein (Upayo, bhikkhave, avimutto, anupayo vimutto).

Wenn, ihr Mönche, das Bewußtsein im Anhaften an Körperlichkeit verharrt, wenn es die Körperlichkeit als Objekt, die Körperlichkeit als Stütze nimmt, dann erlangt das Suchen nach Ergötzen (daran) Wachstum, Entwicklung und Fülle. Wenn das Bewußtsein im Anhaften an Gefühl—Wahrnehmung—Gestaltungen verharrt, wenn es Gefühl—Wahrnehmung—Gestaltungen als Objekt, als Grundlage nimmt, dann erlangt das Suchen nach Ergötzen (daran) Wachstum, Entwicklung und Fülle.

Wenn nun, ihr Mönche, einer sagt: ‚Außerhalb von Körperlichkeit, Gefühl, Wahrnehmung, Gestaltungen will ich des Bewußtseins Kommen oder Gehen, Schwinden oder Entstehen, Wachstum, Entwicklung, Fülle verkünden‘—so besteht keine Möglichkeit dafür.

Wenn, ihr Mönche, die Begierde (rāga) zum Element Körperlichkeit‘—zum Element ‚Gefühl‘—zum Element ‚Wahrnehrnung‘—‚Gestaltungen‘—‚Bewußtsein‘ aufgegeben (pahīno) wird, so ist nach Aufgeben der Begierde das Objekt isoliert und ist keine Stütze mehr für das Bewußtsein.

Dieses stützenlose Bewußtsein entwickelt sich nicht weiter,
und kein neues Wachstum anhäufend ist man befreit.
(Tadappatiṭṭhitaṃ viññāṇaṃ avirūḷhaṃ anabhisaṅkhacca vimuttaṃ)

Aufgrund der Befreiung ist man gefestigt (vimuttattā ṭhitaṃ).
Aufgrund des Gefestigtseins ist man zufrieden (thitattā santusitaṃ);
aufgrund des Zufriedenseins ist man unerschütterlich (santusitattā na paritassati);
und unerschütterlich gelangt man aus sich selber heraus Parinirvana
(aparitassaṃ paccattaññeva parinibbāyati):

Versiegt ist die Geburt,
vollendet der Heilige Wandel (edle achtfache Pfad),
getan das Werk (sila, samadhi u. panna),
nichts Weiteres nach diesem hier (kein erneutes Werden im Daseinskreislauf)‘

so erkennt man.“

Nirvana ist das Aufhören des Werdens (bhava nirodha) im Daseinskreislauf (samsara).

udāna 3.10
nanda
Die Welt (Lokasutta)

so habe ich gehört: Einst weilte der Erhabene bei Uruvelā am Ufer des Flusses Nerañjarā am Fuße des Bodhi-Baumes, unmittelbar nachdem er ein Erwachter geworden war. Damals aber saß der Erhabene sieben Tage lang mit gekreuzten Beinen, die Seligkeit der Erlösung genießend. Und nachdem der Erhabene sich nach Ablauf der sieben Tage aus dem Samadhi (geistigen Sammlung) erhoben hatte, betrachtete er mit dem Buddha-Auge die Welt. Es sah nun der Erhabene, als er mit dem Buddha-Auge die Welt betrachtete, wie die Wesen in mancherlei Gluten geglüht, in mancherlei Fiebern verbrannt werden, die aus Gier, Haß und Verblendung entstanden sind.

Da tat der Erhabene, nachdem er erkannt, was dies zu bedeuten hatte, bei jener Gelegenheit folgenden feierlichen Ausspruch:

„Diese von Gluten erfüllte, gänzlich in den Berührungen (Kontakt der Sinne mit den Sinnesobjekten sowie dem Geist mit den Geistobjekten) befangene Welt erklärt die Krankheit (Körper und Geist nebst Bewusstsein) für das Selbst.

Anders wird es hernach, als man immer denkt. Die Welt, die im Anderswerden besteht, die am Werden (Wiedergeburt) hängt, in das Werden verstrickt ist, freut sich sogar noch des Werdens.

Wessen man sich freut (Sinnesobjekt, Geistobjekte sowie Körper und Geist nebst Bewusstsein), das bringt Furcht (durch deren Unbeständigkeit und Vergänglichkeit); wovor man sich fürchtet, das ist Leiden (dukkha).

Aber man lebt doch diesen reinen Wandel, um vom Werden gänzlich loszukommen.

(Ewigkeitsglaube und Vernichtungsglaube basieren auf der Annahme eines Selbst)

Denn alle die Asketen oder Brahmanen, welche die Erlösung vom Werden durch das Werden (theistische Religionen: Ewiges Leben in den himmlische bzw. göttlichen Welten) lehren, die alle sind unerlöst vom Werden, sage ich.

Hinwiederum alle die Asketen oder Brahmanen, welche das Entrinnen aus dem Werden durch Vernichtung (eines vermeintlichen Selbst im Tod) lehren, die alle sind dem Werden nicht entronnen, sage ich.

In Abhängigkeit von allen Daseinsgrundlagen (alles, was wir ergreifen und daran anhaften) entsteht ja dieses Leiden; wenn alles Ergreifen (Sinnes- u. Geistobjekte sowie Körper und Geist nebst Bewusstsein) vernichtet ist, ist eine (fernere) Entstehung von Leiden (bedingt durch Werden) nicht vorhanden.

Siehe diese weite Welt; vom Nicht-Wissen (avijja) umstrickt sind die Gewordenen (Lebewesen), welche am Gewordenen Gefallen finden, gänzlich unerlöst;

denn was es auch an Arten des Werdens gibt (physisch, feinstofflich/formhaft und formlos), überall und in jeder Hinsicht,

alle diese Arten des Werdens sind unbeständig (anicca), leidvoll (dukkha), dem Wandel (vipariṇāma) unterworfen.

Wer dies der Wirklichkeit gemäß in vollkommener Weisheit schaut, dem schwindet der Durst nach Werden (bhava-taṇhā) dahin, (und auch) an der Vernichtung (eines vermeintlichen Selbst) findet er keinen Gefallen.

Auf der gänzlichen Vernichtung der ‚Dürste‘ (nach bedingtem Werden zum Zwecke sinnlichen Erlebens) beruht die

restlose, spurlose Aufhebung (kein Entstehen,Vergehen und Anderswerden), das Nibbāna:

Für einen solchen Mönch, der, ohne mehr zu haften, leidenschaftslos (nibbuta) ist, gibt es kein neues Werden (punabbhavo) mehr.

Überwunden ist Māra, besiegt im Kampfe; ein solcher ist allen Arten des Werdens (sabbabhavāni) entronnen.“



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