3 Daseinsmerkmale

Die 3 Daseinsmerkmale (tilakkhaṇa)

Die drei Daseinsmerkmale Vergänglichkeit, Leidhaftigkeit und Ich-Losigkeit beschreibt der Buddha als eine fundamentale Gesetzmäßigkeit. Die Vergänglichkeit (anicca) und Leidhaftigkeit (dukkha) beziehen sich dabei auf ALLES, was gestaltet (sankhāra), also aus Ursachen und Bedingungen entstanden ist. Die Ich- bzw. Selbst-Losigkeit (an-atta) beziehen sich jedoch auf ALLE Dinge (sabba-dhamma), also auf einfach ALLES, seien diese nun gestaltet oder ungestaltet.

Aṅguttara Nikāya
Das Dreier-Buch
136. Entstanden (Uppādāsutta)

„Ob, ihr Mönche, Vollendete (Tathāgatā) erstehen (uppada) oder ob Vollendete nicht erstehen: eine Tatsache bleibt es, eine Unbewegtheit des Dhamma, eine Gesetzmäßigkeit des Dhamma,

daß alle Gestaltungen (das Zusammengesetzte und Bedingte) vergänglich (anicca) sind,
daß alle Gestaltungen (daher früher oder später) dem Leiden (dukkha) unterworfen sind,
daß alle Dinge (das Gestaltete u. Ungestaltete) kein Selbst (anatta) sind.

Dies erkennt und durchschaut der Vollendete, und hat er es erkannt und durchschaut, so lehrt er es, zeigt es, macht es bekannt, verkündet es, enthüllt es, legt es auseinander und macht es offenbar,

daß alle Gestaltungen (saṅkhārā) vergänglich sind.
daß alle Gestaltungen dem Leiden unterworfen sind.
daß alle Dinge (dhammā) kein Selbst sind.“

Die drei Daseinsmerkmale lassen sich voneinander ableiten. Dies erläuterte der Buddha immer wieder wie folgt:

MN 22
...
"Was meint ihr wohl, o Mönche: Ist die Form/Körperlichkeit (rūpa) vergänglich oder unvergänglich? Vergänglich, o Ehrwürdiger. Sind Empfindungen (vedanā), Wahrnehmungen (saññā), Gestaltungen (saṅkhāra) und Bewußtsein (viññāna) vergänglich oder unvergänglich? Vergänglich, o Ehrwürdiger.

Was aber vergänglich ist, ist das leidvoll oder freudvoll? Leidvoll, o Ehrwürdiger.

Von dem aber, was vergänglich (anicca), leidvoll (dukkha) und dem Wandel unterworfen ist (vipariṇāma-dhamma), kann man wohl da mit Recht sagen: 'Das gehört mir, das bin ich, das ist mein Selbst?' Nein, o Ehrwürdiger (also 'an-atta').

Was es daher, ihr Mönche, an Körperlichkeit gibt, an Empfindungen, Wahrnehmungen, Gestaltungen und Bewußtsein, da hat man der Wahrheit gemäß in rechter Einsicht zu verstehen: 'Das gehört mir nicht, das bin ich nicht, das ist nicht mein Selbst".

Was versteht man unter Anicca?

Alles, was aufgrund von Ursachen und Bedingungen in den Daseinsbereichen in Erscheinung tritt, ist unbeständig und vergänglich. Das gilt für das Universum, unsere Galaxie, das Sonnensystem, die Erde, Gegenstände, Pflanze und Lebewesen.

Dies gilt auch für ALLES, was uns als Lebewesen ausmacht, also die fünf Gruppen des Ergreifens (Körper, Empfindungen, Wahrnehmung, Gestaltungen u. Bewusstsein). Auch diese treten nur aufgrund von Ursachen und Bedingungen in Erscheinung und sind dabei unbeständig und vergänglich.

Weil alles im stetigen Wandel und vergänglich ist, können wir nichts auf Dauer zu unserer Zufriedenheit aufrechterhalten.
Alles, was entsteht, muss auch wieder vergehen!

Saṃyutta Nikaya 22
Die Daseinsgruppen
37. Ananda I

So habe ich gehört. Einst weilte der Erhabene zu Sāvatthī, im Jeta-Hain, im Kloster des Anāthapindika.

Da begab sich der Ehrwürdige Ananda zum Erhabenen, begrüßte ihn ehrerbietig und setzte sich zur Seite nieder.

Und der Erhabene sprach zum Ehrwürdigen Ananda also: „Wenn man dich, Ananda, fragen würde: ‚Von welchen Dingen, Bruder Ananda, kennt man ein Entstehen, kennt man ein Vergehen, kennt man Veränderung des Bestehenden?‘ So befragt, Ananda, was würdest du erwidern?“

„Wenn man mich, o Herr, fragt: ‚Von welchen Dingen kennt man ein Entstehen, kennt man ein Vergehen, kennt man eine Veränderung des Bestehenden?‘—so befragt, o Herr, würde ich erwidern:

‚Bei der Körperlichkeit, Bruder, kennt man ein Entstehen, kennt man ein Vergehen, kennt man eine Veränderung des Bestehenden. Bei den Empfindungen, bei der Wahrnehmung, bei den Gestaltungen, beim Bewußtsein kennt man ein Entstehen, kennt man ein Vergehen, kennt man eine Veränderung des Bestehenden.‘ So befragt, o Herr, würde ich dieses erwidern.“

„Gut, gut, Ananda! Bei der Körperlichkeit, Ananda, kennt man ein Entstehen... (Wiederholung von oben) So befragt, o Ananda, mögest du dieses erwidern.“

Was versteht man unter Dukkha?

Dukkha sind gemäß der ersten edlen Wahrheit die fünf Gruppen des Ergreifens (Körper,  Empfindungen, Wahrnehmungen, Gestaltungen und Bewusstsein), welches ALLES sind, was uns als Lebewesen ausmacht.

Alles Gestaltete (Dinge und Lebewesen) ist nicht nur unbeständig, sondern auch vergänglich und kann uns somit nie dauerhaft befriedigen. Haften wir an diesen bzw. identifizieren wir uns mit unseren Daseinsgrundlagen (Körper und Geist) nebst Bewusstsein, so sind leidvolle Erfahrungen früher oder später unvermeidlich.

Das Leben verläuft zudem nicht so, wie wir uns das wünschen. Wir unterliegen dem Gesetz von Kamma (Ursache) und Vipaka (Wirkung). In den niederen Daseinsebenen sind die Erfahrungen überwiegend leidvoll. Im Menschenreich gemischt (Glück und Leid). In den höheren Daseinsebenen überwiegend freudvoll. Jedoch ist auch dieses glückliche Dasein begrenzt. Ist das positive Kamma aufgebraucht, welches zu einer Manifestation dort geführt hat, so beginnen auch dort leidvolle Erfahrungen in Bezug auf das Vergehen.

Wir machen nur deshalb leidvolle Erfahrungen, weil wir in Erscheinung treten!

SN 36.11

Dann ging ein Mönch zum Buddha, verbeugte sich, setzte sich zur Seite und sagte zu ihm:

"Gerade eben, Herr, als ich mich zurückzog, kam mir dieser Gedanke in den Sinn. Der Buddha hat von drei Empfindungen gesprochen. freudvolle (sukha), leidvolle (dukkha) und indifferente Empfindungen. Dies sind die drei Empfindungen, von denen der Buddha gesprochen hat.

Aber der Buddha hat auch gesagt: "Zum Leiden gehört ALLES, was gefühlt wird!“
Worauf hat sich der Buddha bezogen, als er dies sagte?"

"Gut, gut, Mönch! Ich habe von diesen drei Empfindungen gesprochen. Freudvolle, leidvolle und indifferente Empfindungen. Das sind die drei Empfindungen, von denen ich gesprochen habe.

Aber ich habe auch gesagt: 'Das Leiden (dukkha) umfasst ALLES, was gefühlt wird.'

Als ich das sagte, bezog ich mich auf die Unbeständigkeit (anicca) der Gestaltungen (sankhara), auf die Tatsache, dass Gestaltetes dazu neigt, zu enden (kaya), zu verfallen (vaya), zu schwinden (virāga), aufzuhören (nirodha) und sich zu wandeln (vipariṇāma).“

Was versteht man unter Anatta?

Anatta kann als „Nicht-Selbst“, „ohne Selbst“ oder „kein Selbst“ übersetzt werden. Da anatta eine Verneinung von atta ist, müssen wir zunächst die Bedeutung von atta verstehen, ehe wir das Merkmal von „kein Selbst“ verstehen können.

Atta (Sanskrit – atman) bezieht sich auf ein vermeintlich ewiges Selbst (Seele) oder eine Substanz, welche die scheinbare Essenz oder der Wesenskern eines Lebewesens sei. Es sei gleichzeitig Eigentümer und Besitzer, der Erleber der Erfahrungen und der Wirkende der Handlungen. Dieser Atman würde ewig existieren und nicht der Veränderung unterliegen.

Der Buddha lehrt jedoch, dass Körper und Geist nebst Bewusstsein kein Selbst sind (anatta) und auch nicht zu einem vermeintlich transzendenten Selbst (Seele) gehören! „Darum ist es für eine Person mit rechter Anschauung (für einen in den Strom Eingetretenen) unmöglich, nach irgendeinem Ding (dhamma) als ein Selbst zu greifen“.

Die Daseinsgrundlagen (Körper und Geist) nebst dem daraus resultierenden Bewusstsein sind weder zusammen, noch ist das Bewusstsein für sich genommen, etwas Beständiges und Ewiges, was man ein Selbst nennen könnte, noch gehören diese zu einem vermeintlich transzendenten Selbst (Seele), oder einem übergeordneten Selbst (Gott). Sie sind lediglich ein körperlich/geistiger Organismus mit Sinnesorganen und Denkorgan und dem aus den kognitiven Prozessen resultierenden Bewusstsein.

Es gibt nur bedingtes Entstehen, Vergehen und Anderswerden von Daseinsgrundlagen (Körper und Geist) wodurch das Kontinuum des Bewusstseins seit anfangsloser Zeit aufrecht erhalten wird. Kein einziges Phänomen hat eine unabhängige, fixe Identität (Selbst/atta); sie sind allesamt unbeständig und vergänglich. In der Tat ist die fliessende Natur der Phänomene nur möglich aufgrund der gegenseitigen Abhängigkeit und Substanzlosigkeit ihrer Komponenten.

Alles, was uns als Lebewesen ausmacht tritt nur bedingt in Erscheinung:

Bedingt durch Körper mit Sinnesorganen und Denkorgan kommt es zum Kontakt der Sinne mit den Sinnesobjekten sowie dem Geist mit den Geistobjekten. Bedingt durch diesen Kontakt sind
Empfindungen (angenehm, unangenehm od. indifferent),
Wahrnehmungen (Assoziation und Benennung),
sowie Gestaltungen (Willensregungen), welche zu Aktivitäten (kamma) in Gedanken, Worten und Werken führen.
Bedingt durch die kognitiven Prozesse von Körper und Geist ist das Bewusstsein.

Mehr ist da nicht zu finden!

Es gibt weder ein immanentes noch ein transzendentes Selbst!

Da findet sich kein „Erleber“ unabhängig vom bedingten Erleben,
und auch kein „Gestalter“ unabhängig vom bedingten Gestalten.

Auf die Frage: „Wer fühlt? Wer begehrt? Wer haftet an?“ erwidert der Buddha, dass die Frage nicht korrekt gestellt sei.

Angemessene Fragen sind:

„Welches ist die Bedingung (Voraussetzung), die Kontakt entstehen lässt?
Welches ist die Bedingung, die Gefühl entstehen lässt?
Welches ist die Bedingung, die Verlangen (tanha) und Ergreifen (upadana) entstehen lassen?
Welches ist die Bedingung, die Werden, Geburt, Alter, Krankheit und Tod entstehen lassen?

Mit der Erlangung der höchsten Erkenntnis gibt es für den Arahant keinen Grund mehr, über ein Selbst zu spekulieren. Ein Arahant hat die Anschauung, als ein Selbst zu existieren oder es zu besitzen aufgrund eigener Einsicht aufgegeben!

saṃyutta nikāya 35
9. channavagga
85. Suññatalokasutta

Dann trat der Ehrwürdige Ānanda an den Gesegneten heran ... und sagte zu ihm: 

"Ehrwürdiger Herr, es wird gesagt: 'Leer ist die Welt, leer ist die Welt'. Auf welche Weise, ehrwürdiger Herr, wird gesagt: 'Leer ist die Welt, leer ist die Welt'?"

"Das ist sie, Ānanda, weil sie leer ist vom Selbst (Atta) und von dem, was zum Selbst gehört, heißt es: 'Leer ist die Welt'.

Und was ist leer von einem Selbst und von dem, was zu einem Selbst gehört?

Das Auge, Ānanda, ist leer von einem Selbst und von dem, was zu einem Selbst gehört.
Die Formen sind leer von einem Selbst und von dem, was zu einem Selbst gehört.
Das Augenbewusstsein ist leer von einem Selbst und von dem, was zu einem Selbst gehört.
Der Augenkontakt ist leer von einem Selbst und von dem, was zu einem Selbst gehört.

.... das Ohr ... die Nase ... die Zunge ... der Körper... der Geist ...

Welches Gefühl auch immer mit dem Kontakt als Bedingung auftritt - ob freudvoll oder leidvoll oder weder leidvoll noch freudvoll -, es ist ebenfalls leer von einem Selbst und von dem, was zu einem Selbst gehört.

"Es ist, Ānanda, weil es leer von einem Selbst und von dem, was zu einem Selbst gehört, ist, heißt es: 'Leer ist die Welt'."

„Alle Dinge“ und „Alle Gestaltungen“

In der oben angeführten Lehrrede von den Daseinsmerkmalen sagt der Buddha, dass alle Gestaltungen (sankhara) vergänglich (anicca) und leidvoll (dukkha) sind. Aber im dritten Statement sagt er, dass alle Dinge (dhamma) kein Selbst (an-atta) sind. Dies weist, wie bereits oben erwähnt, auf eine Unterscheidung zwischen den ersten beiden und dem dritten Merkmal hin. Um diese Unterscheidung zu verstehen, muss man die Worte sankhara und dhamma näher untersuchen.

Das Paliwort „dhamma“ hat einen allumfassenden Bereich an Bedeutung und deckt alle Dinge oder Phänomene ab: Alles was existiert – Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft – sowohl Reales als auch Vorgestelltes. Materielles und Mentales, Gutes und Schlechtes, als auch gewöhnliche und aussergewöhnliche Dinge sind in diesem Wort enthalten.

Im dritten Statement über die drei Merkmale von „kein Selbst“ gebraucht der Buddha den Begriff „dhamma“ im weitesten Sinne, und zwar bezeichnet es ohne Ausnahme alle Dinge.

Um "dhamma" in diesem Kontext zu verstehen, ist es hilfreich die "Dinge" in Kategorien aufzuteilen:

Materielle Dinge (rupa-dhamma) und immaterielle Dinge (nama-dhamma).
Herkömmliche, weltliche Dinge (lokiya-dhamma) und transzendente, überweltliche Dinge (lokuttara-dhamma).
Gestaltete Dinge (sankhata-dhamma) und nicht gestaltete Dinge (a-sankhata-dhamma).
Heilsame Dinge (kusala-dhamma), unheilsame Dinge (akusala-dhamma) und neutrale Dinge (abyakata- dhamma).

Der Buddha bezieht sich in seiner obigen Lehrrede auf die gestalteten und die nicht gestalteten Dinge.

Alle Dinge können in zwei Typen unterteilt werden:

1. Sankhata-dhamma: Das Gestaltete - Etwas, das aus bedingenden Faktoren heraus entsteht (paccaya); Dinge, die aufgrund des Verschmelzens solcher Faktoren geformt werden. Diese Dinge werden auch als sankhara bezeichnet, welches dieselbe Wurzel und Übersetzung hat. Sowohl sankhata-dhamma als auch sankhara beziehen sich auf jede Art von Bedingung (oder Zustand), materiell oder mental, herkömmlicher oder überweltlicher Art – ausgenommen Nibbana.

2. Asankhata-dhamma: Das Ungestaltete - Etwas, das nicht dadurch entsteht, dass es von bedingenden Faktoren gestaltet worden ist, und von ihnen nicht abhängig ist. Es wird auch als „vi-sankhara“ bezeichnet, was bedeutet: der Zustand, der frei von ihn konditionierenden Phänomenen ist – das nicht Bedingte, das Ungestaltete, Ungewordene, welches wiederum Nibbana ist.

Sankhara ist daher nur ein Aspekt von dhamma.

Dhamma hat eine ganze Reihe von Bedeutungen, welche sowohl bedingte Phänomene als auch das nicht Bedingte umschliesst: Sankhata-dhamma und asankhata–dhamma, oder sankhara und Nibbana. Wenn man dies auf die drei Merkmale anwendet, so sieht man, dass die Reichweite der ersten beiden Merkmale – aniccata und dukkhata – enger ist als beim letzteren, anattata. Die wird folgendermassen zusammengefasst:

Alles Gestaltete ist vergänglich (anicca), leidvoll (dukkha) und kein Selbst (anatta).
Aber das nicht Gestaltete – Nibbana – hat die ersten beiden Attribute nicht!
Alle Dinge jedoch, sowohl das Gestaltete als auch das nicht Gestaltete, sind kein Selbst.

Im Pali Kanon (AN 3.47) beschreibt der Buddha das Gestaltet und nicht Gestaltete wie folgt:

Die Merkmale des Gestalteten (sankhata-lakkhana):

Ein Entstehen (uppāda) zeigt sich;
ein Vergehen (vayo) zeigt sich; und
ein Veränderung während es besteht (ṭhitassa aññathattaṃ) zeigt sich

Die Merkmale des Ungestalteten (asankhata-lakkhana):

Kein Entstehen zeigt sich;
kein Vergehen zeigt sich; und
kein Veränderung während es besteht zeigt sich.

Es gibt also zwei Seinszustände: Einerseits der anfangslosen Daseinskreislauf (Samsara) und andererseits das Ungewordene (Nirvana).

Gäbe es ein beständiges und ewiges Selbst, so wäre es nicht möglich Nirvana, das Erlöschen, zu erlangen!

Saṃyutta Nikaya 22
Die Daseinsgruppen
96. Kuhmist

So habe ich gehört. Einst weilte der Erhabene zu Sāvatthī, im Jeta-Hain, im Kloster des Anāthapindika. Da begab sich ein Mönch zum Erhabenen, begrüßte ihn ehrerbietig und setzte sich zur Seite nieder. Seitwärts sitzend sprach jener Mönch zum Erhabenen also:

„Gibt es wohl, o Herr, irgendeine Körperlichkeit, die unvergänglich ist, beständig, ewig, unveränderlich, die ewig dauernd in gleicher Weise bestehen wird?

Gibt es wohl irgendein Gefühl, irgendeine Wahrnehmung, irgendwelche Gestaltungen, irgendein Bewußtsein, die unvergänglich sind, beständig, ewig, unveränderlich, die ewig dauernd in gleicher Weise bestehen werden?“

Nicht gibt es, o Mönch, irgendeine Körperlichkeit, die unvergänglich ist, beständig, ewig, unveränderlich, die ewig dauernd in gleicher Weise bestehen wird.

Nicht gibt es irgendein Gefühl, irgendeine Wahrnehmung, irgendwelche Gestaltungen, irgendein Bewußtsein, die unvergänglich sind, beständig, ewig, unveränderlich, die ewig dauernd in gleicher Weise bestehen werden.“

Und der Erhabene nahm mit der Hand ein kleines Stück Kuhmist auf und sprach zu jenem Mönch:

„Auch nicht einmal so viel an einer Manifestation/ Lebewesen (atta-bhāva-paṭilābho) gibt es, o Mönch, das unvergänglich ist, beständig, ewig, unveränderlich, das ewig dauernd in gleicher Weise bestehen wird.

Wenn es auch nur so viel an einem Lebewesen gäbe, das unvergänglich wäre, beständig, ewig, unveränderlich, das ewig dauernd in gleicher Weise bestehen würde, NICHT wäre es dann ersichtlich, wie dieser Heilige Wandel gelebt werden könnte zur völligen Versiegung des Leidens.

Weil es aber NICHT einmal so viel an erworbener Selbst-Werdung gibt, das unvergänglich ist, beständig, ewig, unveränderlich, das ewig dauernd in gleicher Weise bestehen wird, deshalb ist es ersichtlich, daß dieser Heilige Wandel gelebt werden kann zur völligen Versiegung des Leidens.“

In der zweiten Lehrrede des Buddha, dem berühmten Anattā-Lakkhana-Sutta, die 'Lehrrede von den Merkmalen des Kein-Selbst', erklärt er, warum die Daseinsgrundlagen (Körper und Geist) nebst dem daraus resultierenden Bewusstsein kein Selbst sind und auch nicht zu einem vermeintlich transzendenten Selbst/Seele gehören. Diese Lehrrede wurde an dieselbe 'Gruppe der fünf' früheren Asketengefährten des Buddha gerichtet, welche durch die erste Lehrverkündung, die 'Predigt von Benāres' (Dhammacakka-Pavattana-Sutta) die Stufe des Stromeintritts erreicht hatten.

Für die Wichtigkeit der Kein-Selbst-Lehre (an-attā-vada) ist es bezeichnend, daß erst nach Hören und Verstehen der davon handelnden zweiten Lehrrede des Buddha jenen fünf ersten Jüngern der Durchbruch zur Vollendung (Arahant) gelang. Diese Rede findet sich auch in Vinaya, Mahāvagga I 6, wo es noch zum Abschluß heißt: "Zu dieser Zeit nun gab es sechs Vollendete in der Welt" - d.i. mit Einschluß des Buddha selber.)

Gäbe es ein Selbst, so müsste dieses die volle Kontrolle in Bezug auf den Zustand des Körpers, der Empfindungen, Wahrnehmungen, Gestaltungen und des Bewusstseins haben. Fakt ist allerdings, dass wir nichts davon auf Dauer zu unserer Zufriedenheit aufrechterhalten können!

S.22.59

Die Merkmale von kein Selbst (Anattalakkhaṇa Sutta)

So habe ich gehört. Einst weilte der Erhabene bei Benares, zu Isipatana, im Wildpark.

 Dort nun wandte sich der Erhabene an die Gruppe der fünf Mönche: "Ihr Mönche!" - "Ja, o Herr", antworteten jene Mönche dem Erhabenen. Der Erhabene sprach also:

"Die Körperlichkeit, ihr Mönche, ist kein Selbst (anatta). Denn wäre, ihr Mönche, diese Körperlichkeit das Selbst, nicht würde da diese Körperlichkeit der Beeinträchtigung (Krankheit) anheimfallen. Erlangen könnte man es dann bei der Körperlichkeit: 'So möge meine Körperlichkeit sein, so möge meine Körperlichkeit nicht sein!'

 Weil aber, ihr Mönche, die Körperlichkeit kein Selbst ist, deshalb fällt die Körperlichkeit der Beeinträchtigung anheim, und nicht erlangt man es bei der Körperlichkeit: 'So möge meine Körperlichkeit sein, so möge meine Körperlichkeit nicht sein!'

 Die Empfindungen, ihr Mönche, sind kein Selbst. Denn wäre, ihr Mönche, diese Empfindungen das Selbst, nicht würde da diese Empfindungen der Beeinträchtigung (unangenehme Gefühle) anheimfallen. Erlangen könnte man es dann beim Gefühl: 'So möge mein Gefühl sein, so möge mein Gefühl nicht sein!'

 Weil aber, ihr Mönche, das Gefühl kein Selbst ist, deshalb fällt das Gefühl der Beeinträchtigung anheim, und nicht erlangt man es beim Gefühl: 'So möge mein Gefühl sein, so möge mein Gefühl nicht sein!'

 Die Wahrnehmung, ihr Mönche, ist kein Selbst. Denn wäre, ihr Mönche, diese Wahrnehmung das Selbst, nicht würde da diese Wahrnehmung der Beeinträchtigung (unangenehme Assoziationen, Erinnerungen) anheimfallen. Erlangen könnte man es dann bei der Wahrnehmung: 'So möge meine Wahrnehmung sein, so möge meine Wahrnehmung nicht sein!'

 Weil aber, ihr Mönche, die Wahrnehmung kein Selbst ist, deshalb fällt die Wahrnehmung der Beeinträchtigung anheim, und nicht erlangt man es bei der Wahrnehmung: 'So möge meine Wahrnehmung sein, so möge meine Wahrnehmung nicht sein!'

 Die Gestaltungen (Aktivitäten in Gedanken Worten und Werken), ihr Mönche, sind kein Selbst. Denn wären, ihr Mönche, die Gestaltungen das Selbst, nicht würden da diese Gestaltungen der Beeinträchtigung (unangenehme Gedanken, Vorstellungen) anheim fallen. Erlangen könnte man es dann bei den Gestaltungen: 'So mögen meine Gestaltungen sein, so mögen meine Gestaltungen nicht sein!'

 Weil aber, ihr Mönche, die Gestaltungen kein Selbst sind, deshalb fallen die Gestaltungen der Beeinträchtigung anheim, und nicht erlangt man es bei den Gestaltungen: 'So mögen meine Gestaltungen sein, so mögen meine Gestaltungen nicht sein!'

 Das Bewußtsein, ihr Mönche, ist kein Selbst. Denn wäre, ihr Mönche, das Bewußtsein das Ich, nicht würde da dieses Bewußtsein der Beeinträchtigung (unangenehmes Erleben) anheimfallen. Erlangen könnte man es dann beim Bewußtsein: 'So möge mein Bewußtsein sein, so möge mein Bewußtsein nicht sein!'

 Weil aber, ihr Mönche, das Bewußtsein kein Selbst ist, deshalb fällt das Bewußtsein der Beeinträchtigung anheim, und nicht erlangt man es beim Bewußtsein: 'So möge mein Bewußtsein sein, so möge mein Bewußtsein nicht sein!'

Was meint ihr, o Mönche, ist die Körperlichkeit unvergänglich oder vergänglich?" - "Vergänglich, o Herr." - "Was aber vergänglich ist, ist das leidig oder freudig?" - "Leidig, o Herr." - "Was nun vergänglich, leidig, wandelbar ist, kann man dies mit Recht so ansehen: 'Dies ist mein, das bin ich, das ist mein Selbst'?" - "Gewiß nicht, o Herr.

 Sind Gefühl - Wahrnehmung - Gestaltungen - Bewußtsein unvergänglich oder vergänglich?" - "Vergänglich, o Herr." - "Was aber vergänglich ist, ist das leidig oder freudig?" - "Leidig, o Herr." - "Was nun vergänglich, leidig, wandelbar ist, kann man dies mit Recht so ansehen: 'Dies ist mein, das bin ich, das ist mein Selbst'?" - "Gewiß nicht, o Herr.

 Daher, o Mönche: was es irgend an Körperlichkeit gibt - an Gefühl - an Wahrnehmung - an Gestaltungen - an Bewußtsein gibt, sei es vergangen, künftig oder gegenwärtig, eigen oder fremd, grob oder fein, gewöhnlich oder edel, fern oder nahe - von jeder Körperlichkeit - jedem Gefühl - jeder Wahrnehmung - allen Gestaltungen - jedem Bewußtsein gilt: 'Dies ist nicht mein, das bin ich nicht, das ist nicht mein Selbst!' So hat man dies der Wirklichkeit gemäß mit rechter Weisheit zu betrachten.

 So erkennend, o Mönche, wird der erfahrene, edle Jünger desillusioniert von der Körperlichkeit,
er wird desillusioniert von den Empfindungen,
er wird desillusioniert von der Wahrnehmung,
er wird desillusioniert von den Gestaltungen,
er wird desillusioniert vom Bewußtsein.

Desillusioniert (nibiddha) wird er begierdelos (viraga).
Durch die Begierdelosigkeit wird er befreit (vimutti).

Im Befreiten ist die Erkenntnis: 'Befreit bin ich.

Versiegt ist die Geburt,
vollendet der heilige Wandel,
getan das Werk,
nichts Weiteres nach diesem hier' 

so erkennt er."

 Dies sprach der Erhabene. Beglückt freute sich die Gruppe der fünf Mönche über das Wort des Erhabenen.Während aber diese Erklärung gesprochen wurde, löste sich bei der Gruppe der fünf Mönche das Gemüt (Herz/citta) ohne Anhaften von den Trieben (Unwissenheitstrieb, Daseinstrieb u. Sinnentrieb)!

Die fünf Mönche wurden zu Arahants.

Und so erklärte der Buddha seinem Sohn Rāhula die Daseinsmerkmale:

Saṁyutta Nikaya 18
Rāhula
18.1-10. Cakkhu, Rūpa, Viññāṇa, Samphassa, Vedanā, Saññā, Sañcetanā, Taṇhā, Dhātu, Khandha Sutta

So habe ich gehört. Einst weilte der Erhabene zu Sāvatthī, im Jeta-Hain, im Kloster des Anāthapindika. Es begab sich da der Ehrwürdige Rāhula (Sohn des Buddha) zum Erhabenen, begrüßte ihn ehrerbietig und setzte sich zur Seite nieder.

(Praxis der Mönche: Die Lehre des Buddha hören, reflektieren und erkennen)

*Seitwärts sitzend sprach der Ehrwürdige Rāhula zum Erhabenen also: „Gut wäre es, o Herr, wenn mir der Erhabene so die Lehre zeigte, daß ich nach ihrem Hören einsam, abgesondert, unermüdlich, voller Eifer und Entschlossenheit weilen mag.“

(in den folgenden Betrachtungen wird alles den Sinnen und dem Geist erfahrbare in Bezug auf anicca, dukkha u. anatta untersucht:)

(Sinnesorgane sowie Geist)

„Was glaubst du wohl, Rāhula: Ist das Auge vergänglich oder unvergänglich?"
„Vergänglich (anicca), o Ehrwürdiger."
„Was aber vergänglich ist, ist das leidvoll oder freudvoll?"
„Leidvoll (dukkha), o Ehrwürdiger."
„Von dem aber, was vergänglich ist, leidvoll, dem Wandel unterworfen, kann man da wohl mit Recht die Auffassung haben: ,Das gehört mir, das bin ich, das ist mein Selbst (atta)’?"
„Nein (also anatta), o Ehrwürdiger."

„Sind Ohr, Nase, Zunge, Körper oder Geist (Verstand) vergänglich oder unvergänglich?"
„Vergänglich, o Ehrwürdiger."
„Was aber vergänglich ist, ist das leidvoll oder freudvoll?"
„Leidvoll, o Ehrwürdiger."

(Da ist kein beständiges und ewiges Selbst zu finden)

„Von dem aber, was vergänglich ist, leidvoll, dem Wandel unterworfen, kann man da wohl mit Recht die Auffassung haben: ,Das gehört mir, das bin ich, das ist mein Selbst’?"
„Nein, o Ehrwürdiger."

(die Erkenntnis von anicca, dukkha u. anatta führt zur Desillusionierung u. Begierdelosigkeit)

„So erkennend, Rāhula, wird der edle Jünger

desillusioniert (nibbida) von Auge, Ohr, Nase, Zunge, Körper und Geist;
desillusioniert schwindet die Begierde (virāga),
Begierdelos wird er befreit (vom Daseinskreislauf),

und im Erlösten entsteht das Wissen: ,Befreit bin ich’, und er erkennt:
,Erloschen ist die Geburt, erfüllt der heilige Wandel (edle achtfache Pfad), die Aufgabe vollbracht (der Durst ist überwunden), nichts Weiteres nach diesem hier (kein erneutes Werden).’

(Sinnesobjekte und Geistobjekte)

„Was glaubst du, Rāhula: Sind Formen, Töne, Düfte, Säfte, Körpereindrücke oder Geistobjekte (Gedanken) vergänglich oder unvergänglich?"
„Vergänglich, o Ehrwürdiger." . . .

(Bedingt durch Sinne und Sinnesobjekte sowie Geist und Geistobjekte ist Bewusstsein)

„Sind Seh-, Hör-, Riech-, Schmeck-, Körper- oder Geist-Bewußtsein vergänglich oder unvergänglich?"
„Vergänglich, o Ehrwürdiger." . . .

(Das Zusammentreffen von Sinnen, Sinnesobjekten und Sinnenbewusstsein
sowie Geist, Geistobjekten und Geistbewusstsein ist Kontakt oder Berührung)

„Sind Seh-, Hör-, Riech-, Schmeck-, Körper oder Geisteindruck vergänglich oder unvergänglich?“
„Vergänglich, o Ehrwürdiger.“ . . .

(Bedingt durch den Kontakt sind Empfindungen, Wahrnehmungen und Gestaltungen)

(Empfindungen: angenehm, unangenehm od. indifferent)

„Sind die durch Seh-, Hör-, Riech-, Schmeck-, Körper oder Geisteindruck bedingten Empfindungen vergänglich oder unvergänglich?"
„Vergänglich, o Ehrwürdiger." . . .

(Wahrnehmung: Assoziation und Benennung)

„Ist die Wahrnehmung von Formen, Tönen, Düften, Säften (Geschmack), Körpereindrücken (Berührung) oder Geistobjekten (Gedanken, Vorstellungen u. Erinnerungen) vergänglich oder unvergänglich?"
„Vergänglich, o Ehrwürdiger." . . .

(Gestaltungen)

„Ist der Wille nach Formen, Tönen, Düften, Säften, Körpereindrücken oder Geistobjekten vergänglich oder unvergänglich?“
„Vergänglich, o Ehrwürdiger." . . .

(Begehren)

„Ist das Begehren nach Formen, Tönen, Düften, Säften, Körpereindrücken oder Geistobjekten vergänglich oder unvergänglich?“
„Vergänglich, o Ehrwürdiger." . . .

(Elemente)

„Sind Erd-, Wasser-, Feuer-, Wind-, Raum- oder Bewußtseins-Element vergänglich oder unvergänglich?"
„Vergänglich, o Ehrwürdiger." . . .

(Khandha: Körper und Geist nebst Bewusstsein)

„Sind Körperlichkeit, Gefühl, Wahrnehmung, Gestaltungen oder Bewußtsein vergänglich oder unvergänglich?"
„Vergänglich, o Ehrwürdiger."

„Was aber vergänglich, ist das leidvoll oder freudvoll?"
„Leidvoll, o Ehrwürdiger."

„Von dem aber, was vergänglich ist, leidvoll, dem Wandel unterworfen, kann man da wohl mit Recht die Auffassung haben:

 ,Das gehört mir, das bin ich, das ist mein Selbst’?"
„Nein, o Ehrwürdiger."

(die Erkenntnis von anicca, dukkha u. anatta führt zur Desillusionierung u. Begierdelosigkeit)

„So erkennend, Rāhula, wird der edle Jünger desillusioniert von Körperlichkeit, Gefühl, Wahrnehmung, Gestaltungen und Bewußtsein;
desillusioniert schwindet die Begierde (virāga),
Begierdelos wird er befreit (vom Daseinskreislauf),

und im Befreiten entsteht das Wissen: ,Befreit bin ich’.

,Erloschen ist die Geburt,
erfüllt der heilige Wandel (edle achtfache Pfad),
die Aufgabe vollbracht (der Durst ist überwunden),
nichts Weiteres nach diesem hier (kein erneutes Werden).’

So erkennt er.“

Majjhima Nikāya 22
Alagaddūpama Sutta

Vergänglichkeit und Nicht-Selbst

„Ihr Bhikkhus, ihr mögt wohl jenen Besitz erwerben, der unvergänglich, dauerhaft, ewig, nicht der Veränderung unterworfen ist, und der so lange wie die Ewigkeit überdauern könnte. Aber seht ihr irgendeinen solchen Besitz, ihr Bhikkhus?“—„Nein, ehrwürdiger Herr.“—„Gut, ihr Bhikkhus. Auch ich sehe keinerlei Besitz, der unvergänglich, dauerhaft, ewig, nicht der Veränderung unterworfen ist, und der so lange wie die Ewigkeit überdauern könnte.“

(die Lehre der Brahmanen vom Atman)

„Ihr Bhikkhus, ihr mögt wohl an jener Lehrmeinung von einem Selbst anhaften, die nicht Kummer, Klagen, Schmerz, Trauer und Verzweiflung erwecken würde, in einem, der daran anhaftet. Aber seht ihr irgendeine solche Lehrmeinung von einem Selbst, ihr Bhikkhus?“—„Nein, ehrwürdiger Herr.“—„Gut, ihr Bhikkhus. Auch ich sehe keinerlei Lehrmeinung von einem Selbst, die nicht Kummer, Klagen, Schmerz, Trauer und Verzweiflung erwecken würde, in einem, der daran anhaftet.“

„Ihr Bhikkhus, ihr mögt euch wohl auf jene Ansicht stützen, die nicht Kummer, Klagen, Schmerz, Trauer und Verzweiflung erwecken würde, in einem, der sich darauf stützt. Aber seht ihr eine Stütze in irgendeiner solcher Ansicht, ihr Bhikkhus?“—„Nein, ehrwürdiger Herr.“—„Gut, ihr Bhikkhus. Auch ich sehe keinerlei Ansicht, die nicht Kummer, Klagen, Schmerz, Trauer und Verzweiflung erwecken würde, in einem, der sich darauf stützt.“

„Ihr Bhikkhus, wenn es ein Selbst gäbe, würde es etwas geben, das meinem Selbst gehört?“—„Ja, ehrwürdiger Herr.“—„Oder, wenn es etwas gäbe, das einem Selbst gehört, würde es mein Selbst geben?“—„Ja, ehrwürdiger Herr.“—„Ihr Bhikkhus, da ein Selbst und das, was einem Selbst gehört, nicht als wahr und gegeben aufgefaßt werden, ist dann diese Grundlage für Ansichten, nämlich

,Die Welt und das Selbst sind dasselbe;
nach dem Tode werde ich unvergänglich, dauerhaft, ewig, nicht der Veränderung unterworfen sein,
ich werde so lange wie die Ewigkeit überdauern‘

wäre das nicht eine ganz und gar und vollkommen törichte Lehre?“

„Was könnte es sonst sein, ehrwürdiger Herr. Es wäre eine ganz und gar und vollkommen törichte Lehre.“

„Ihr Bhikkhus, was meint ihr? Ist Form unvergänglich oder vergänglich?“—„Vergänglich, ehrwürdiger Herr.“—„Ist das, was vergänglich ist, Leid oder Glück?“—„Leid, ehrwürdiger Herr.“—„Ist das, was vergänglich, leidvoll und der Veränderung unterworfen ist, geeignet, so betrachtet zu werden: ,Dies ist mein, dies bin ich, dies ist mein Selbst‘?“—„Nein, ehrwürdiger Herr.“

„Ihr Bhikkhus, was meint ihr, ist Gefühl unvergänglich oder vergänglich?“—„Vergänglich, ehrwürdiger Herr.“—„Ist das, was vergänglich ist, Leid oder Glück?“—„Leid, ehrwürdiger Herr.“—„Ist das, was vergänglich, leidvoll und der Veränderung unterworfen ist, geeignet, so betrachtet zu werden: ,Dies ist mein, dies bin ich, dies ist mein Selbst‘?“—„Nein, ehrwürdiger Herr.“

„Ihr Bhikkhus, was meint ihr, ist Wahrnehmung unvergänglich oder vergänglich?“—„Vergänglich, ehrwürdiger Herr.“—„Ist das, was vergänglich ist, Leid oder Glück?“—„Leid, ehrwürdiger Herr.“—„Ist das, was vergänglich, leidvoll und der Veränderung unterworfen ist, geeignet, so betrachtet zu werden: ,Dies ist mein, dies bin ich, dies ist mein Selbst‘?“—„Nein, ehrwürdiger Herr.“
 
„Ihr Bhikkhus, was meint ihr, sind Gestaltungen unvergänglich oder vergänglich?“—„Vergänglich, ehrwürdiger Herr.“—„Ist das, was vergänglich ist, Leid oder Glück?“—„Leid, ehrwürdiger Herr.“—„Ist das, was vergänglich, leidvoll und der Veränderung unterworfen ist, geeignet, so betrachtet zu werden: ,Dies ist mein, dies bin ich, dies ist mein Selbst‘?“—„Nein, ehrwürdiger Herr.“

„Ihr Bhikkhus, was meint ihr, ist Bewußtsein unvergänglich oder vergänglich?“—„Vergänglich, ehrwürdiger Herr.“—„Ist das, was vergänglich ist, Leid oder Glück?“—„Leid, ehrwürdiger Herr.“—„Ist das, was vergänglich, leidvoll und der Veränderung unterworfen ist, geeignet, so betrachtet zu werden: ,Dies ist mein, dies bin ich, dies ist mein Selbst‘?“—„Nein, ehrwürdiger Herr.“

„Daher, ihr Bhikkhus, sollte jegliche Art von Form, ob vergangen, zukünftig oder gegenwärtig, ob innerlich oder äußerlich, grob oder subtil, niedrig oder hoch, entfernt oder nah, alle Form sollte mit angemessener Weisheit der Wirklichkeit entsprechend erkannt werden: ,Dies ist nicht mein, dies bin ich nicht, dies ist nicht mein Selbst.‘

Jegliche Art von Gefühl, ob vergangen, zukünftig oder gegenwärtig, ob innerlich oder äußerlich, grob oder subtil, niedrig oder hoch, entfernt oder nah, alles Gefühl sollte mit angemessener Weisheit der Wirklichkeit entsprechend erkannt werden: ,Dies ist nicht mein, dies bin ich nicht, dies ist nicht mein Selbst.‘ 

Jegliche Art von Wahrnehmung, ob vergangen, zukünftig oder gegenwärtig, ob innerlich oder äußerlich, grob oder subtil, niedrig oder hoch, entfernt oder nah, alle Wahrnehmung sollte mit angemessener Weisheit der Wirklichkeit entsprechend erkannt werden: ,Dies ist nicht mein, dies bin ich nicht, dies ist nicht mein Selbst.‘ 

Jegliche Art von Gestaltungen, ob vergangen, zukünftig oder gegenwärtig, ob innerlich oder äußerlich, grob oder subtil, niedrig oder hoch, entfernt oder nah, alle Gestaltungen sollten mit angemessener Weisheit der Wirklichkeit entsprechend erkannt werden: ,Dies ist nicht mein, dies bin ich nicht, dies ist nicht mein Selbst.‘

Jegliche Art von Bewußtsein, ob vergangen, zukünftig oder gegenwärtig, ob innerlich oder äußerlich, grob oder subtil, niedrig oder hoch, entfernt oder nah, alles Bewußtsein sollte mit angemessener Weisheit der Wirklichkeit entsprechend erkannt werden: ,Dies ist nicht mein, dies bin ich nicht, dies ist nicht mein Selbst.‘“

„Indem er so erkennt, wird ein wohlunterrichteter edler Schüler desillusioniert der Form gegenüber,
desillusioniert gegenüber dem Gefühl gegenüber,
desillusioniert der Wahrnehmung gegenüber,
desillusioniert den Gestaltungen gegenüber,
desillusioniert dem Bewußtsein gegenüber.“

Wenn er desillusioniert ist, wird er begierdelos.
Durch Begierdelosigkeit ist sein Herz (Gemüt/citta) befreit.
Wenn es befreit ist, kommt das Wissen: ,Er ist befreit.‘

Er versteht: ,Geburt ist zu Ende gebracht,
das heilige Leben ist gelebt,
es ist getan, was getan werden mußte,
darüber hinaus gibt es nichts mehr.‘“



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