Suche nach dem Selbst

 Die Suche nach dem Selbst

Jeder Mensch stellt sich wohl irgendwann einmal die Frage: Wer bin ich?

Ist dieses Lebewesen alles, was mich ausmacht?
Gibt es etwas in mir, was der Erleber und Gestalter ist?
Gibt es etwas, was den Tod überdauert?

Diese Fragen wurden zu Zeiten des Buddha mit dem Glauben an eine beständige und ewige Seele/Selbst (atman) beantwortet, welche unabhängig von diesem unbeständigen und vergänglichen Lebewesen existiert.

In der Lehrrede MN 2 beschreibt der Buddha, was darunter verstanden wurde:

„Es ist dieses mein Selbst, das da spricht und fühlt und hier und da die Ergebnisse guter und schlechter Taten erfährt; aber dieses mein Selbst ist unvergänglich, dauerhaft, ewig, nicht der Veränderung unterworfen, und es wird so lange wie die Ewigkeit überdauern“.

Was man alles für dieses Selbst halten konnte, zeigt der nachfolgende Abschnitt aus der Lehrrede SN 22.47:

„Diejenigen Asketen und Brahmanen, die Verschiedenes für das Selbst (attānaṁ) halten, alle diejenigen halten (entweder) die fünf Gruppen des Ergreifens (für das Selbst) oder etwas anderes (aññataraṁ).

Welche fünf?

Es ist da, ihr Mönche, ein unerfahrener Weltmensch...;

der hält die Körperlichkeit für das Selbst (Ich)
oder das Selbst als Körperlichkeit besitzend (Mein)
oder die Körperlichkeit als im Selbst (Atman u. Brahman)
oder das Selbst als in der Körperlichkeit (Seelenglaube).

Er hält die Empfindungen—die Wahrnehmung—die Gestaltungen—das Bewußtsein für das Selbst
oder das Selbst als Empfindungen, ... Bewußtsein besitzend
oder die Empfindungen, ... Bewusstsein als im Selbst
oder das Selbst als in den Empfindungen, ... Bewußtsein."

Die damaligen Philosophen der Upanişaden vermuteten in allen Wesen eine unsterbliche Seele (skt: Atman) und waren überzeugt, dass diese Seelen miteinander und zugleich mit der Weltseele (skt: Brahman) identisch sind. So lehrten sie denn daraus abgeleitet die All-Einheit, einen Monismus, demzufolge im Weltengrund Un-Unterschiedenheit, Nicht-Zweiheit oder Non-Dualität herrscht. Wer erkennt, daß alle Wesen „Eins“ und wir alle im Kern mit dem Absoluten (Gott/Brahman) identisch sind, wer die vordergründig-empirische Verschiedenheit und Vielfältigkeit der Wesen als Täuschung (skt: mayā) durchschaut, der sei erlöst.

Der Buddha widersprach diesen Vorstellungen in allen Punkten!!

Weder gibt es eine den Körper überdauernde Seele (Atman)
noch ein in oder hinter allem bestehendes Absolutes (Brahman).

Man kann daher die Vielheit der Welt nicht aus einem Absoluten ableiten,
noch kann man die Erlösung durch das Aufgehen in diesem Absoluten erreichen. 

Jede Religion, die eine unsterbliche Seele lehrt, geht auch davon aus, dass diese nach der Erlösung fortbesteht und muß sie in einem Erlösungsbereich, einer Heilssphäre verorten. 

Eine vermeintliche Seele, so vermutete man,

würde in der All-Seele (brahman) aufgehen wie in der Upanişad-Philosophie,
oder sie würde sich mit der Gottheit vereinigen wie im theistischen Hinduismus,
oder sie würde in ein Paradies eingehen wie im Christentum und Islam.

Weil der Buddha erkannte, dass es so etwas wie ein beständiges und ewiges Selbst/Seele NICHT gibt, brauchte er sich um deren Fortbestand bzw. Erlösung auch nicht zu kümmern. Für ihn bestand das Ziel statt dessen im Aufhören des Werdens (bhava-nirodha) im Daseinskreislauf (samsara), im Erlöschen (nibbāna)!

Der Buddha trat der Lehre von einem Selbst (atta-vada) mit seiner Lehre von Kein-Selbst (an-atta-vada) entgegen. Die Vorsilbe "an" ist eine Verneinung. Somit ist "an-atta" eine Verneinung von "atta". An-atta kann daher als „Nicht-Selbst“ oder „kein Selbst“ übersetzt werdenDie Lehre von „Kein-Selbst“ (an-atta) ist das Alleinstellungsmerkmal des Buddhismus in Bezug zu allen anderen, zumeist theistischen Religionen, die stattdessen von der Existenz einer transzendenten Seele (atta), welche beständig und ewig wäre, und den vergänglichen Lebewesen als „Erleber und Gestalter“ innewohnt, ausgehen.

Doch wenn es keinen Wesenskern (Selbst/Seele) gibt, wer empfindet dann, wer bringt all die körperlichen, sprachlichen und geistigen Gestaltungen/Aktivitäten (sankhara) hervor, welche karmisch wirksam sind, wer empfängt sodann die Resultate seiner Aktivitäten (kamma-vipaka), wer erfährt Glück (sukha) und Leid (dukkha)?

Diese Frage ist aufgrund der Erkenntnis von Kein-Selbst (an-atta) so jedoch falsch gestellt. 

Der Buddha beantwortete daher auch keine Fragen nach dem "WER", sondern verwies stattdessen darauf, nach den "Ursachen und Bedingungen" dafür zu fragen, infolgedessen ein Lebewesen in Erscheinung tritt und was die Bedingungen dafür sind, dass es zu Empfindungen, Wahrnehmungen, Gestaltungen und Bewusstsein kommt?

Und mehr noch. Er erkannte ebenfalls, dass was bedingt in Erscheinung tritt, durch das Aufhören dieser Bedingungen auch aufhören kann, in Erscheinung zu treten. Dieses Prinzip der Bedingtheit (idappaccayata) beschreibt der Buddha kurz und prägnant in SN 12.21 wie folgt:

"Wenn dies ist, ist jenes (Iti imasmiṃ sati idaṃ hoti),
wenn dies entsteht, entsteht jenes (imassuppādā idaṃ uppajjati).

Wenn dies nicht ist, ist jenes nicht (Imasmiṃ asati idaṃ na hoti),
wenn dies aufhört, hört jenes auf (imassa nirodhā idaṃ nirujjhati)."

Auf dieser Gesetzmäßigkeit basiert die Lehre des Buddha. Davon leitete er seine zweite und dritte edle Wahrheit ab.

Gäbe es so etwas wie ein beständiges und ewiges Selbst, so wäre es NICHT möglich,
mit dem Werden im Daseinskreislauf aufzuhören und Nirvana, das Erlöschen zu erlangen!

SN 22.96
...
"Und der Erhabene nahm mit der Hand ein kleines Stück Kuhmist auf und sprach zu jenem Mönch:

„Auch nicht einmal so viel an einer erlangten Selbstwerdung (Manifestation / atta-bhāva-paṭilābho) gibt es, o Mönch, das unvergänglich ist, beständig, ewig, unveränderlich, das ewig dauernd in gleicher Weise bestehen wird.

Wenn es auch nur soviel an einer Manifestation gäbe, das unvergänglich wäre, beständig, ewig, unveränderlich, das ewig dauernd in gleicher Weise bestehen würde, NICHT wäre es dann ersichtlich, wie dieser Heilige Wandel gelebt werden könnte zur völligen Versiegung des Leidens (das Aufhören des Werdens im Daseinskreislauf)."

Die fünf Gruppen des Ergreifens 

Untersucht man ein Lebewesen unvoreingenommen, so stellt man fest, das ALLES, was uns ausmacht, lediglich die fünf Gruppen des Ergreifens (Körper, Empfindungen, Wahrnehmungen, Gestaltungen und Bewusstsein) sind. Mehr ist da NICHT zu finden! Weder innerhalb noch außerhalb, weder immanent noch tranzendent. Lehren von einem Selbst/Seele (Atman) bezeichnet der Buddha daher auch als spekulative Ansichten.

Diese fünf Gruppen interagieren dabei wie folgt:

Bedingt durch einen Körper mit Sinnesorganen und Denkorgan kommt es beim Kontakt der Sinne mit den Sinnesobjekten sowie dem Geist mit den Geistobjekten zu Empfindungen (angenehm, unangenehm od. indifferent), Wahrnehmungen (Assoziation und Benennung) und Gestaltungen (Aktivitäten) in Gedanken, Worten und Werken, welche karmisch wirksam sind. Bedingt durch die kognitiven Prozesse von Körper und Geist schließlich ist das Bewußtsein.

Angenehme Empfindungen wollen wir erhalten bzw. immer wieder aufs Neue erleben. So entsteht Verlangen. Unangenehme Empfindungen wollen wir loswerden bzw. zukünftig vermeiden. So entsteht Abneigung. Verlangen und Abneigung wiederum führen zum Ergreifen (upadana). Zu Lebzeiten sind es die Sinnes- und Geistobjekte, die wir ergreifen (upadana). Im Tod ist es dann eine erneute Manifestation.

Der Buddha lehrte immer wieder die fünf Gruppen des Ergreifens, welche ALLES sind, was uns als Lebewesen ausmacht, zu reflektieren. Denn wenn man die fünf Gruppen des Ergreifens so erkennt, wie diese wirklich sind (yathābhūta-ñāṇa-dassana), so schwindet jede Vorstellungen von 'ich' oder 'mein' oder 'ich bin'.

Saṁyutta Nikāya 35

19. Āsīvisavagga
246. Vīṇopamasutta

„Ebenso, Bhikkhus, erforscht ein Bhikkhu die Form/Körper (bestehend aus den vier Elementen u. entstanden aus Nahrung), soweit es einen Bereich für die Form gibt,

er erforscht die Empfindungen (freudvoll, leidvoll od. indifferent und bedingt durch Sinnen- od. Geistkontakt), soweit es einen Bereich für die Empfindungen gibt,

er erforscht die Wahrnehmung (Assoziation und Benennung und bedingt durch Sinnen- od. Geistkontakt), soweit es einen Bereich für die Wahrnehmung gibt,

er erforscht die Gestaltungen (Willensregungen, die zu Aktivitäten in Gedanken, Worten und Werken führen, welche bedingt sind durch Sinnen- od. Geistkontakt), soweit es einen Bereich für Gestaltungen gibt,

er erforscht das Bewusstsein (Sinnes- und Geistbewusstsein, bedingt durch die kognitiven Prozesse von Körper und Geist), soweit es einen Bereich für das Bewusstsein gibt.

Wenn er die Form (Körper) in dem Maße untersucht, in dem es einen Bereich für die Form gibt, ... das Bewusstsein in dem Maße, in dem es einen Bereich für das Bewusstsein gibt,

dann fallen ihm alle Vorstellungen von 'ich' oder 'mein' oder 'ich bin', die ihm vorher in den Sinn kamen, nicht mehr ein.

Die Beseitigung aller Zweifel in Bezug auf ein Selbst

Oft wird behauptet, der Buddha habe sich nicht klar dazu geäußert, dass es kein Selbst gibt. Er habe vielmehr nur beschrieben, was das Selbst nicht ist, nämlich die fünf Gruppen des Ergreifens. Dies ist jedoch nicht so, wie die nachfolgende Lehrrede klar belegt.

Majjhima Nikāya 22
Alagaddūpama Sutta
Das Gleichnis von der Schlange

„Ehrwürdiger Herr, kann es Abwesenheit von Aufregung über das geben, was innerlich NICHT existiert?“

„Die kann es geben, Bhikkhu“, sagte der Erhabene. „Bhikkhu, da hat jemand NICHT die Ansicht: ,Die Welt und das Selbst sind dasselbe; nach dem Tode werde ich unvergänglich, dauerhaft, ewig, nicht der Veränderung unterworfen sein, ich werde so lange wie die Ewigkeit überdauern.‘

Er hört den Tathāgata oder einen Schüler des Tathāgata das Dhamma lehren, für das Beseitigen aller Grundlagen für Ansichten, Entscheidungen, Besessenheiten, allen Festhaltens und aller Neigungen, für die Stillung aller Gestaltungen, für den Verzicht auf alle Daseinsgrundlagen, für die Zerstörung des Begehrens, für die Lossagung, für das Aufhören, für das Erlöschen (nibbāna).

Er denkt NICHT so:

,Also werde ICH vernichtet werden!
Also werde ICH zugrunde gehen!
Also werde ICH nicht mehr werden!‘

Dann ist er NICHT bekümmert, trauert und klagt NICHT, er weint NICHT und schlägt sich NICHT die Brust und wird NICHT zerrüttet.

So kann es Abwesenheit von Aufregung über das geben, was innerlich nicht existiert (ein Selbst).“
...
(Lehren von einem Selbst sind unwahr und töricht)

„Ihr Bhikkhus, wenn es ein Selbst gäbe, würde es etwas geben, das meinem Selbst gehört?“—„Ja, ehrwürdiger Herr.“
„Oder, wenn es etwas gäbe, das einem Selbst gehört, würde es mein Selbst geben?“—„Ja, ehrwürdiger Herr.“

„Ihr Bhikkhus, da ein Selbst und das, was einem Selbst gehört, NICHT als wahr und gegeben aufgefaßt werden, ist dann diese Grundlage für Ansichten, nämlich ,Die Welt und das Selbst sind dasselbe; nach dem Tode werde ich unvergänglich, dauerhaft, ewig, nicht der Veränderung unterworfen sein, ich werde so lange wie die Ewigkeit überdauern‘—wäre das nicht eine ganz und gar vollkommen törichte Lehre?“

„Was könnte es sonst sein, ehrwürdiger Herr. Es wäre eine ganz und gar vollkommen törichte Lehre.“

(Die drei Daseinsmerkmale: anicca, dukkha u. anatta)

„Ihr Bhikkhus, was meint ihr?

Ist Form (Empfindung, Wahrnehmung, Gestaltung, Bewusstsein) unvergänglich oder vergänglich?“—„Vergänglich, ehrwürdiger Herr.“—„Ist das, was vergänglich ist, Leid oder Glück?“—„Leid, ehrwürdiger Herr.“—„Ist das, was vergänglich, leidvoll und der Veränderung unterworfen ist, geeignet, so betrachtet zu werden: ,Dies ist mein, dies bin ich, dies ist mein Selbst‘?“—„Nein, ehrwürdiger Herr.“

„Daher, ihr Bhikkhus, sollte jegliche Art von Form (Empfindung, Wahrnehmung, Gestaltung, Bewusstsein), ob vergangen, zukünftig oder gegenwärtig, ob innerlich oder äußerlich, grob oder subtil, niedrig oder hoch, entfernt oder nah, alle Form (Empfindung, Wahrnehmung, Gestaltung, Bewusstsein) sollte mit angemessener Weisheit der Wirklichkeit entsprechend erkannt werden: ,Dies ist nicht mein, dies bin ich nicht, dies ist nicht mein Selbst.‘ 

(Durch richtige Erkenntnis befreit)

„Indem er so erkennt, wird ein wohlunterrichteter edler Schüler

desillusioniert (nibidda) der Form gegenüber,
desillusioniert der Empfindung gegenüber,
desillusioniert der Wahrnehmung gegenüber,
desillusioniert den Gestaltungen gegenüber,
desillusioniert dem Bewußtsein gegenüber.“

„Wenn er desillusioniert ist, wird er begierdelos (viraga).
Durch Begierdelosigkeit ist sein Herz/Gemüt befreit (vimutti).

Wenn es befreit ist, kommt das Wissen: ,Es ist befreit.‘

Er versteht: ,Geburt ist zu Ende gebracht, das heilige Leben ist gelebt, es ist getan, was getan werden mußte, darüber hinaus gibt es nichts mehr (kein erneutes Werden mehr).‘“

„Und auf welche Weise ist der Bhikkhu ein Edler, dessen Banner gesenkt ist, dessen Bürde abgelegt ist, der ungefesselt ist?

Da hat der Bhikkhu die Ich-bin-Einbildung (asmi-māno) überwunden, er hat sie an der Wurzel abgeschnitten, einem Palmstumpf gleichgemacht, beseitigt, so daß er künftigem Entstehen nicht mehr unterworfen ist. Auf solche Weise ist der Bhikkhu ein Edler, dessen Banner gesenkt ist, dessen Bürde abgelegt ist, der ungefesselt ist.“

(Das stützenlose Bewußtsein)

„Ihr Bhikkhus, wenn die Götter mit Indra, mit Brahmā und mit Pajāpati einen Bhikkhu suchen, der so im Herzen befreit ist, finden sie nichts, von dem sie sagen könnten: ,Das Bewußtsein eines 'Zur-Wahrheit-Gelangten' stützt sich auf dies‘ (‘idaṁ nissitaṁ tathāgatassa viññāṇan’ti).

Warum ist das so?

Weil ein 'Zur-Wahrheit-Gelangter' nicht einmal in diesem Leben zu finden ist, sage ich.

(Wo KEIN Selbst ist, kann ein Selbst auch NICHT zerstört werden)

„Obwohl ich so spreche, ihr Bhikkhus, obwohl ich so verkünde, bin ich grundlos, auf nichtige Weise, unwahr und falsch von einigen Mönchen und Brahmanen so dargestellt worden: ,Der Mönch Gotama ist einer, der in die Irre führt; er beschreibt die Vernichtung, die Zerstörung, die Auslöschung eines existierenden Wesens.‘ Da ich das nicht lehre, da ich das nicht verkünde, bin ich also grundlos, auf nichtige Weise, unwahr und falsch von einigen Mönchen und Brahmanen so dargestellt worden: ,Der Mönch Gotama ist einer, der in die Irre führt; er beschreibt die Vernichtung, die Zerstörung, die Auslöschung eines existierenden Wesens.‘“

„Ihr Bhikkhus, sowohl früher wie auch jetzt, ist das, was ich verkünde,

Dukkha (die fünf Gruppen des Ergreifens)
und das Aufhören von Dukkha (kein erneutes Werden mehr).

(Gäbe es ein Selbst, so gäbe es auch etwas, dass zu einem Selbst gehört)

„Daher, ihr Bhikkhus, was immer nicht euer ist (die fünf Gruppen), gebt es auf; wenn ihr es aufgegeben habt, wird das lange zu eurem Wohlergehen und Glück beitragen.

(Wo es kein Selbst gibt, gibt es auch nichts, was zu einem Selbst gehört)

Was ist es, was nicht euer ist?

Form (Empfindung, Wahrnehmung, Gestaltung, Bewusstsein) ist nicht euer. Gebt sie auf. Wenn ihr sie aufgegeben habt, wird das lange zu eurem Wohlergehen und Glück beitragen. 

„Ihr Bhikkhus, was meint ihr? Wenn die Leute das Gras, die Stöcke, Äste und Blätter in diesem Jeta-Hain forttragen oder sie verbrennen oder mit ihnen nach Belieben verfahren würden, würdet ihr denken: ,Die Leute tragen uns fort oder verbrennen uns oder verfahren mit uns nach Belieben?‘“—„Nein, ehrwürdiger Herr. Warum nicht? Weil, ehrwürdiger Herr, jenes weder unser Selbst ist, noch unserem Selbst gehört.“—„Genauso, ihr Bhikkhus, was immer nicht euer ist, gebt es auf; wenn ihr es aufgegeben habt, wird das lange zu eurem Wohlergehen und Glück beitragen.” …

In der nachfolgenden Lehrrede des Sariputta, einem der beiden Herzensschüler des Buddha, mit dem tiefsten Verständnis für seine Lehre, kommt klar zum Ausdruck, dass ein Vollendeter nach seinem Tod  (Parinirvana) nicht vernichtet ist, sondern dass es "nur dukkha ist, was entsteht (die fünf Gruppen des Ergreifens) und dukkha was vergeht. Was schon zu Lebzeiten NICHT gefunden werden kann, kann auch im Parinirvana des Arahant NICHT vernichtet werden. 

Saṃyutta Nikaya 22
Die Daseinsgruppen
85. Yamaka

So habe ich gehört. Einst weilte der Ehrwürdige Sāriputta zu Sāvatthī, im Jeta-Hain, im Kloster des Anāthapindika.

Und am Abend, nachdem sich der Ehrwürdige Sāriputta aus der Zurückgezogenheit erhoben hatte, begab er sich zum Ehrwürdigen Yamaka, tauschte mit ihm höfliche, freundliche Begrüßung aus und setzte sich zur Seite nieder.

Seitwärts sitzend sprach der Ehrwürdige Sāriputta zum Ehrwürdigen Yamaka also: „Ist es wahr, Bruder Yamaka, daß du diese schlechte Ansicht gefaßt hast: ‚So verstehe ich die vom Erhabenen verkündete Lehre, daß da ein triebversiegter Mönch nach dem Zerfall des Körpers vernichtet ist und vertilgt, nicht mehr besteht nach dem Tode‘?“

(Triebe/asava: Unwissenheitstrieb, Werdenstrieb u. Sinnentrieb)

„So ist es, Bruder Sāriputta. So verstehe ich die vom Erhabenen verkündete Lehre, daß da ein triebversiegter Mönch nach dem Zerfall des Körpers vernichtet ist und vertilgt, nicht mehr besteht nach dem Tode.“

(Desillusionierung durch die Erkenntnis von anicca, dukkha und anatta)

„Was meinst du, Bruder Yamaka: Ist die Form (Körper) unvergänglich oder vergänglich?“—„Vergänglich (anicca), o Bruder.“—„Was aber vergänglich ist, ist das leidvoll oder freudvoll?“—„Leidvoll (dukkha), o Bruder.“—„Was nun vergänglich, leidvoll, wandelbar ist, kann man dies mit Recht so ansehen: ‚Dies ist mein, das bin ich, das ist mein Selbst‘?“—„Gewiß nicht, o Bruder.“

„Sind Empfindungen, Wahrnehmungen, Gestaltungen und Bewußtsein unvergänglich oder vergänglich?“—„Vergänglich, o Bruder.“—„Was aber vergänglich ist, ist das leidvoll oder freudvoll?“—„Leidvoll, o Bruder.“—„Was nun vergänglich, leidvoll, wandelbar ist, kann man dies mit Recht so ansehen: ‚Dies ist mein, das bin ich, das ist mein Selbst‘?“—„Gewiß nicht, o Bruder.“

(Alle Lebewesen auf allen Daseinsebenen zu allen Zeiten sind unbeständig und vergänglich, daher früher oder später leidvoll und somit kein Selbst)

„Daher, Bruder Yamaka: was es irgend an Form (Körper) gibt, was es an Empfindungen, Wahrnehmung, Gestaltungen und Bewußtsein gibt, sei es vergangen, künftig oder gegenwärtig, eigen oder fremd, grob oder fein, gewöhnlich oder edel, fern oder nahe—von jeder Körperlichkeit, jeder Empfindung, jeder Wahrnehmung, von allen Gestaltungen und jedem Bewußtsein gilt:

‚Das ist nicht mein, das bin ich nicht, das ist nicht mein Selbst.‘ So hat man dies der Wirklichkeit gemäß mit rechter Weisheit zu betrachten.

So erkennend, Bruder Yamaka, wird der erfahrene, edle Jünger

desillusioniert (nibbida) von der Körperlichkeit,
desillusioniert von den Empfindungen,
desillusioniert von den Wahrnehmungen,
desillusioniert von den Gestaltungen,
desillusioniert vom Bewußtsein.

desillusioniert schwindet die Begierde (virāga).
Begierdelos wird er befreit (vimutti).

Im Befreiten ist die Erkenntnis: ‚Befreit bin ich.
Versiegt ist die (erneute) Geburt,
vollendet der Heilige Wandel (edle achtfache Pfad),
nichts Weiteres nach diesem hier (kein erneutes Werden mehr)‘,
so erkennt er.

(Körper und Geist nebst Bewusstsein gehören auch nicht zu einem vermeintlich transzendenten Selbst)

Was meinst du, Bruder Yamaka: Betrachtest du die Körperlichkeit als den Vollendeten?“—„Wahrlich nicht, o Bruder!“

„Betrachtest du die Empfindungen—die Wahrnehmungen—die Gestaltungen—das Bewußtsein als den Vollendeten?“—„Wahrlich nicht, o Bruder.“

„Was meinst du, Bruder Yamaka: Betrachtest du den Vollendeten als „IN“ der Körperlichkeit?“—„Wahrlich nicht, o Bruder.“

„Betrachtest du den Vollendeten als „AUSSERHALB“ der Körperlichkeit?“—„Wahrlich nicht, o Bruder.“

„Betrachtest du den Vollendeten als „in“ den Empfindungen—in den Wahrnehmungen—in den Gestaltungen—im Bewußtsein?“—„Wahrlich nicht, o Bruder.“

„Betrachtest du den Vollendeten als „außerhalb“ der Empfindungen—der Wahrnehmungen—der Gestaltungen—des Bewußtseins?“—„Wahrlich nicht, o Bruder.“

„Was meinst du, Bruder Yamaka: Betrachtest du Körperlichkeit, Empfindungen, Wahrnehmungen, Gestaltungen, Bewußtsein (zusammen) als den Vollendeten?“—„Gewiß nicht, o Bruder.“

(Irgend etwas Transzendentes, was unabhängig von Körper und Geist nebst Bewusstsein existieren würde)

„Was meinst du, Bruder Yamaka: Einen, der ohne Körperlichkeit, ohne Empfindungen, ohne Wahrnehmungen, ohne Gestaltungen und ohne Bewußtsein ist, betrachtest du den als den Vollendeten?“—„Wahrlich nicht, o Bruder.“

(Da ist weder zu Lebzeiten noch im Tod des Arahant etwas Beständiges und Ewiges zu finden, was man einen Wesenskern, Selbst, Seele od. Atman nennen könnte)

„Da nun also von dir, Bruder Yamaka, der Vollendete nicht einmal bei Lebzeiten wirklich und wahrhaft aufgefunden werden kann, ist dann deine Behauptung angebracht: ‚So verstehe ich die vom Erhabenen verkündete Lehre, daß da ein triebversiegter Mönch nach dem Zerfall des Körpers vernichtet ist und vertilgt, nicht mehr besteht nach dem Tode‘?“

„Früher, Bruder Sāriputta, als ich noch nicht klar sah (an-atta/kein Selbst noch nicht erkannt), hatte ich diese schlechte Ansicht. Nachdem ich nun diese Lehrdarlegung des Ehrwürdigen Sāriputta vernommen habe, habe ich diese schlechte Ansicht aufgegeben, und völlig verstanden habe ich nun die Lehre (von kein Selbst „an-atta“).

„Wenn man dich nun, Bruder Yamaka, so fragt: ‚Ein Mönch, o Bruder, der ein Heiliger ist, ein Triebversiegter, was ist er nach dem Zerfall des Körpers, nach dem Tode?‘—also befragt, o Bruder, was würdest du antworten?“

„Wenn man mich, o Bruder, so fragen würde: ‚Ein Mönch, o Bruder, der ein Heiliger ist, ein Triebversiegter, was ist er nach dem Zerfall des Körpers, nach dem Tode?‘—also befragt, o Bruder, würde ich dies antworten:

(Yamaha hat es nun verstanden: "Was vergänglich, leidvoll und veränderlich ist, ist kein Selbst und gehört auch zu keinem Selbst". - "Nur dukkha ist, was entsteht (Körper und Geist nebst Bewusstsein), und dukkha, was vergeht".)

‚Körperlichkeit, o Bruder, ist vergänglich (anicca);
was vergänglich ist, das ist leidvoll (dukkha);
was leidvoll ist, das ist (nun) geschwunden, das ist beendet. 

Empfindungen—Wahrnehmungen—Gestaltungen—Bewußtsein sind vergänglich;
was vergänglich ist, das ist leidvoll;
was leidvoll ist, das ist (nun) geschwunden, das ist beendet.‘

So befragt, o Bruder, würde ich dies antworten.“

(Sariputta fasst nun nochmals die Erkenntnis zum Zwecke der Desillusionierung zusammen:)

„Es ist da aber, Bruder, ein erfahrener, edler Jünger…

NICHT betrachtet er die Körperlichkeit als das Selbst (Ich),
oder das Selbst als Körperlichkeit besitzend (Mein),
oder die Körperlichkeit als im Selbst (Gott),
oder das Selbst (Seele) als in der Körperlichkeit.

NICHT betrachtet er die Empfindungen—die Wahrnehmungen—die Gestaltungen—das Bewußtsein als das Selbst oder das Selbst als Bewußtsein besitzend oder das Bewußtsein als im Selbst oder das Selbst als im Bewußtsein.

Er erkennt der Wirklichkeit gemäß die vergängliche Körperlichkeit: ‚Vergänglich ist die Körperlichkeit.‘ Er erkennt der Wirklichkeit gemäß die vergänglichen Empfindungen—die vergänglichen Wahrnehmungen—die vergänglichen Gestaltungen—das vergängliche Bewußtsein: ‚Vergänglich sind sie.‘

Er erkennt der Wirklichkeit gemäß die leidvolle Körperlichkeit; ‚Leidvoll ist die Körperlichkeit.‘ Er erkennt der Wirklichkeit gemäß die leidvollen Empfindungen—die leidvollen Wahrnehmungen—die leidvollen Gestaltungen—das leidvolle Bewußtsein: ‚Leidvoll sind sie.‘

Er erkennt der Wirklichkeit gemäß die selbst-lose Körperlichkeit: ‚Kein Selbst (an-atta) ist die Körperlichkeit.‘ Er erkennt der Wirklichkeit gemäß die selbst-losen Empfindungen—die selbst-lose Wahrnehmungen—die selbst-losen Gestaltungen—das selbst-lose Bewußtsein: ‚Kein Selbst sind sie.‘

(Körper, Empfindungen, Wahrnehmungen, Gestaltungen und Bewusstsein treten nur aufgrund von Ursachen und Bedingungen in Erscheinung und sind somit gestaltet: Bedingt durch die Assimilation von Nahrung ist der Körper. Bedingt durch den Kontakt sind Empfindungen, Wahrnehmungen u. Gestaltungen. Bedingt durch kognitiven Prozesse von Körper und Geist ist das Bewußtsein. )

Er erkennt der Wirklichkeit gemäß die gestaltete Körperlichkeit: ‚Gestaltet ist die Körperlichkelt.‘ Er erkennt der Wirklichkeit gemäß die gestalteten Empfindungen—die gestalteten Wahrnehmungen—die gestalteten Gestaltungen (Aktivitäten)—das gestaltete Bewußtsein: ‚Gestaltet sind sie.‘“

(Die fünf Gruppen des Ergreifend nicht zu „Ich und Mein“ machen)

„NICHT von der Form (Körper) angezogen, ergreift er diese NICHT und verfällt NICHT der Vorstellung, „mein Selbst".‘ NICHT ist er von Empfindungen angezogen, nicht von Wahrnehmungen, nicht von den Gestaltungen und nicht vom Bewußtsein angezogen, ergreift er diese NICHT, und verfällt NICHT der Vorstellung: ‚mein Selbst.‘ Ihm werden diese fünf Gruppen des Ergreifens, ist er von diesen NICHT angezogen, hat diese NICHT ergriffen, lange Zeit Heil und Glück bringen.“

„So eben verhält es sich, Bruder Sāriputta, mit Ehrwürdigen, denen Mitmönche von solcher Artung zuteil werden: mitleidvolle, wohlwollende, die Ermahner und Berater sind.

(Yamaka wurde durch diese Erkenntnis zum Arahant)

Nachdem ich nun diese Lehrdarlegung des Ehrwürdigen Sāriputta vernommen, wurde mein Herz (Gemüt/citta) ohne Anhaften befreit von den Trieben (Unwissenheitstrieb, Werdenstrieb u. Sinnentrieb).“

So hatte der Ehrwürdige Sāriputta gesprochen. Beglückt freute sich der Ehrwürdige Yamaka über das Wort des Ehrwürdigen Sāriputta."

Die Beseitigung aller Einbildung in Bezug auf den Ich-Dünkel 

AN 9.1

"Die Wahrnehmung der Vergänglichkeit (anicca-saññā) hat er zu entfalten zur Entwurzelung der Einbildung ‚ich bin‘ (asmi-māna).

Bei der Wahrnehmung der Vergänglichkeit nämlich, ihr Mönche, festigt sich im Mönche die Wahrnehmung von „kein Selbst“ (an-atta-saññā); und des kein Selbst gewahr, wird die Einbildung ‚ich bin‘ entwurzelt (asmi-māna-samugghāta) und man erlangt Erlöschen (nibbāna) durch das SEHEN des 'dhamma'."

Dass die fünf Gruppen aufgrund ihrer Unbeständigkeit und Vergänglichkeit (anicca) und der damit verbundenen Leidhaftigkeit (dukkha) KEIN beständiges und ewiges Selbst sind, kann sicher noch nachvollzogen werden. Dass diese aber auch NICHT zu einem transzendenten Selbst gehören, dazu bedarf es zusätzlich der Überwindung des Seelenglaubens. Dass die Vorstellung "ich bin” aber nur ein Gedanken-Konstrukt (asmi-māno) ist, bezeichnet der Buddha als das "Sehen des dhamma", welches zur Befreiung führt. Solange wir uns noch an der "ICH-Einbildung" festhalten, solange ist es nicht möglich nibbāna, das Erlöschen, zu erlangen!!

Wie auch der letzte Hauch des "Ich-Dünkens" überwunden werden kann, kommt sehr schön in der nachfolgenden Lehrrede zum Ausdruck:

Khemakasutta—Sabbamitta
Verbundene Lehrreden 22.89

(Dialog des Ehrwürdigen Khemaka mit den altehrwürdigen Mönchen)
...
„Vom Buddha wurden die fünf Gruppen des Ergreifens gelehrt: nämlich

die mit Ergreifen verbundene Gruppe der Form, der Empfindung, der Wahrnehmung, der Gestaltungen und des Bewusstseins.

Ich betrachte KEINE dieser fünf Gruppen des Ergreifens als Selbst oder zum Selbst gehörig. Dennoch bin ich kein Vollendeter, der die Triebe (Unwissenheitstrieb, Werdenstrieb u. Sinnentrieb) zerstört hat.

Denn in Bezug auf dieser fünf Gruppen des Ergreifens bin ich von der Einbildung ‚ich bin‘ nicht frei. Aber ich betrachte nichts als ‚ich bin das‘.“

„Geehrter Khemaka, wovon sprichst du, wenn du ‚ich bin‘ sagst?

Ist es Form (Körper), oder ist es getrennt (aññatra) von Form? Ist es Empfindung … Ist es Wahrnehmung … Sind es Gestaltungen … Ist es Bewusstsein, oder ist es getrennt von Bewusstsein? Wovon sprichst du, wenn du ‚ich bin‘ sagst?“

„Geehrte, ich sage NICHT ‚ich bin‘ in Bezug auf Form, noch etwas getrennt von Form. Ich sage nicht ‚ich bin‘ in Bezug auf Empfindung … in Bezug auf Wahrnehmung … in Bezug auf Gestaltungen … in Bezug auf Bewusstsein, noch etwas getrennt von Bewusstsein.

Und dennoch bin ich in Bezug auf die fünf Gruppen des Ergreifens von der Einbildung ‚ich bin‘ (asmi-māna) NICHT frei. Aber ich betrachte NICHTS als ‚ich bin das‘.

Wie der Duft einer blauen Seerose oder einer rosa oder weißen Lotusblume: Wäre es richtig, zu sagen, der Duft gehört zu den Blütenblättern oder zum Stängel oder zum Stempel?“ - „Nein, Geehrter.“

„Wie soll man dann sagen, Geehrte?“
„Es wäre richtig, zu sagen, der Duft gehört zu der Blume.“

„Ebenso, Geehrte, sage ich nicht ‚ich bin‘ in Bezug auf Form, noch etwas getrennt von Form. Ich sage nicht ‚ich bin‘ in Bezug auf Empfindung … in Bezug auf Wahrnehmung … in Bezug auf Gestaltungen … in Bezug auf Bewusstsein, noch etwas getrennt von Bewusstsein. Und dennoch bin ich in Bezug auf die fünf Gruppen des Ergreifens von der Einbildung ‚ich bin‘ nicht frei. Aber ich betrachte NICHTS als ‚ich bin das‘.

[die achte Fessel, die Ich-Einbildung (māna), ist noch nicht vollständig durchschaut]

Obwohl ein edler Schüler die fünf niederen Fesseln aufgegeben hat, hat er noch

einen anhaltenden Rest der Einbildung ‚ich bin‘,
des Sehnens nach ‚ich bin‘ und
der zugrunde liegenden Neigung ‚ich bin‘,

der noch nicht entwurzelt ist.

Nach einiger Zeit meditiert er, indem er das Entstehen und Vergehen bei den fünf Gruppen des Ergreifens beobachtet.

‚So ist Form/Körper (Festes, Flüssiges, Gasförmiges u. Wärme),
so ist ihr Ursprung (durch die Assimilation von Nahrung),
so ihr Enden (ohne Nahrung).

So ist Empfindung (angenehm, unangenehm od. indifferent),
so ist ihr Ursprung (durch den Kontakt der Sinne mit den Sinnesobjekten bzw. dem Geist mit den Geistobjekten),
so ist ihr Enden (ohne Kontakt).

So ist Wahrnehmung (Assoziation und Benennung),
so ist ihr Ursprung (durch den Kontakt der Sinne mit den Sinnesobjekten bzw. dem Geist mit den Geistobjekten),
so ist ihr Enden (ohne Kontakt).

So sind Gestaltungen (Willensregungen, welche zu Aktivitäten in Gedanken, Worten und Werken führen),
so ist ihr Ursprung (durch den Kontakt der Sinne mit den Sinnesobjekten bzw. dem Geist mit den Geistobjekten),
so ist ihr Enden (ohne Kontakt). 

So ist Bewusstsein (Sinnen- und Geistbewusstsei),
so ist sein Ursprung (kognitive Prozesse von Körper und Geist),
so sein Enden (ohne Körper und Geist).‘

Während er das tut, wird dieser anhaltende Rest entwurzelt.

Wie ein Tuch, das schmutzig und fleckig ist, und die Besitzer geben es zu einem Wäscher: Der Wäscher knetet es gründlich mit Salz, Lauge und Kuhmist und spült es in klarem Wasser aus. Obwohl das Tuch rein und hell ist, hat es noch einen anhaltenden Geruch nach Salz, Lauge oder Kuhmist, der noch nicht entwurzelt ist. Der Wäscher bringt es den Besitzern zurück, und diese verwahren es in einer Duftschatulle. Und dabei wird der anhaltende Geruch entwurzelt.

Ebenso hat ein edler Schüler, obwohl er die fünf niederen Fesseln aufgegeben hat, noch einen anhaltenden Rest der Einbildung ‚ich bin‘, des Sehnens nach ‚ich bin‘ und der zugrunde liegenden Neigung ‚ich bin‘, der noch nicht entwurzelt ist. Nach einiger Zeit meditiert er, indem er das Entstehen und Vergehen bei den fünf Gruppen des Ergreifens beobachtet. ‚So ist Form, so ist ihr Ursprung, so ihr Enden. So ist Gefühl … So ist Wahrnehmung … So sind Gestaltungen … So ist Bewusstsein, so ist sein Ursprung, so sein Enden.‘ Während er das tut, wird dieser anhaltende Rest entwurzelt.“

Darauf sagten die altehrwürdigen Mönche zu dem Ehrwürdigen Khemaka: „Wir wollten den Ehrwürdigen Khemaka mit unseren Fragen nicht plagen. Aber du bist in der Lage, die Anleitung des Buddha ausführlich zu erklären, zu lehren, festzustellen, zu etablieren, klarzustellen, aufzugliedern und zu enthüllen. Und das hast du gerade getan.“

Das sagte der Ehrwürdige Khemaka. Zufrieden begrüßten die altehrwürdigen Mönche die Worte des Ehrwürdigen Khemaka. Und während diese Lehrrede gesprochen wurde, wurde das Herz/Gemüt (citta) von sechzig altehrwürdigen Mönchen und das des Ehrwürdigen Khemaka durch Nicht-Ergreifen (des Ich-Dünkens) von den Trieben (Unwissenheitstrieb, Werdenstrieb u. Sinnentrieb) befreit (sie wurden Arahants).

Das 'ICH' ist nur ein Konzept 

In der nachfolgenden Lehrrede beschreibt der Buddha, dass es abgesehen von den fünf Gruppen des Ergreifens NICHTS an einem Lebewesen gibt, was man als ein ICH oder als Wesenskern bezeichnen könnte. Da findet sich nur ein Lebewesen mit Sinnesorganen und Denkorgan, welches sich aufgrund der kognitiven Prozesse seiner Selbst und der Welt bewusst ist. Ein ICH als "Erleber" oder "Gestalter" kann jedoch nicht gefunden werden. Alles was sich findet ist nur "bedingtes Erleben" und "bedingtes Gestalten". Was schon zu Lebzeiten nicht gefunden werden kann, kann auch im Tod des Lebewesens nicht fortbestehen. Darum gilt ein Arahant in seinem Tod (Parinirvana), wenn es kein erneutes Werden mehr gibt, als erloschen.

Saṃyutta Nikaya 22
Die Daseinsgruppen
86. Anuradha

(es gibt kein immanentes Selbst)

Was meinst du, Anuradha, ist die Körperlichkeit unvergänglich oder vergänglich?“—„Vergänglich (anicca), o Herr.“—„Was aber vergänglich ist, ist das leidvoll oder freudvoll?“—„Leidvoll (dukkha), o Herr.“—„Was nun vergänglich, leidvoll und wandelbar ist, kann man dies mit Recht so ansehen:

‚Dies ist mein, das bin ich, das ist mein Selbst‘?“—„Gewiß nicht, o Herr.“

„Sind Empfindung—Wahrnehmung—Gestaltungen—Bewußtsein unvergänglich oder vergänglich?“—„Vergänglich, o Herr.“—„Was aber vergänglich ist, ist das leidvoll oder freudvoll?“—„Leidvoll, o Herr.“—„Was nun vergänglich, leidvoll und wandelbar ist, kann man dies mit Recht so ansehen: ‚Dies ist mein, das bin ich, das ist mein Selbst‘?“—„Gewiß nicht, o Herr.“

[Alle Daseinsgrundlagen, auf allen Ebenen bedingten Seins, zu allen Zeiten, sind nicht das Selbst (anatta)]

„Daher, o Mönche: was es irgend an Körperlichkeit gibt—an Empfindung—an Wahrnehmung—an Gestaltungen—an Bewußtsein gibt, sei es vergangen, künftig oder gegenwärtig, eigen oder fremd, grob oder fein, gewöhnlich oder edel, fern oder nahe, von jeder Körperlichkeit—jeder Empfindung—jeder Wahrnehmung—allen Gestaltungen—jedem Bewußtsein gilt:

‚Dies ist nicht mein, das bin ich nicht, das ist nicht mein Selbst!‘
So hat man dies der Wirklichkeit gemäß mit rechter Weisheit zu betrachten.

(Ein Vollendeter kann NICHT gefunden werden)

Was meinst du, Anuradha: Betrachtest du die Körperlichkeit als den Vollendeten?“—„Wahrlich nicht, o Herr.“

„Betrachtest du die Empfindung—die Wahrnehmung—die Gestaltungen—das Bewußtsein als den Vollendeten?“—„Wahrlich nicht, o Herr.“

„Was meinst du, Anuradha: Betrachtest du den Vollendeten als 'in' der Körperlichkeit?“—„Wahrlich nicht, o Herr.“

„Betrachtest du den Vollendeten als 'getrennt' von der Körperlichkeit?“—„Wahrlich nicht, o Herr.“

„Betrachtest du den Vollendeten als in Empfindung—in Wahrnehmung—in Gestaltungen—im Bewußtsein?“—„Wahrlich nicht, o Herr.“

„Betrachtest du den Vollendeten als getrennt von Empfindung—als getrennt von Wahrnehmung—von Gestaltungen—von Bewußtsein?“—„Wahrlich nicht, o Herr.“

„Was meinst du, Anuradha: Betrachtest du Körperlichkeit, Empfindung, Wahrnehmung, Gestaltungen, Bewußtsein (zusammen) als den Vollendeten?“—„Wahrlich nicht, o Herr.“

(es gibt auch kein transzendentes Selbst)

„Was meinst du, Anuradha: Einen, der OHNE Körperlichkeit ist, ohne Empfindung, ohne Wahrnehmung, ohne Gestaltungen und ohne Bewußtsein, betrachtest du den als den Vollendeten?“—„Wahrlich nicht, o Herr.“

„Da nun also von dir, o Anuradha, der Vollendete nicht einmal bei Lebzeiten wirklich und wahrhaft aufgefunden werden kann, ist dann deine Behauptung angebracht: ‚Der da der Vollendete ist, das höchste Wesen, das edelste Wesen, der das höchste Ziel erreicht hat; soll ein solcher Vollendeter bezeichnet werden, dann wird er es außerhalb dieser vier Möglichkeiten:

(was zu Lebzeiten nicht gefunden werden kann, ist auch im Tod nicht auffindbar)

Der Vollendete besteht nach dem Tode,
der Vollendete besteht nicht nach dem Tode,
der Vollendete besteht und besteht nicht nach dem Tode,
der Vollendete besteht weder noch besteht er nicht nach dem Tode‘?“

Wahrlich nicht, o Herr.“

„Gut, gut, Anuradha! Dies nur, o Anuradha, verkünde ich, früher wie heute: das Leiden (die fünf Gruppen des Ergreifens) und des Leidens Aufhebung (das Aufhören des Werdens im Daseinskreislauf).“

Die Lehre des Buddha von der Leerheit (suññatā)

Der Begriff Leerheit (suññatā) leitet sich unmittelbar aus der Erkenntnis von kein Selbst (an-atta) ab. Er verweist darauf, dass alle Dinge und Lebewesen "LEER" von einem beständigen und ewigen Selbst (Seele) sind und das diese auch NICHT zu einem vermeintlich transzendenten Selbst gehören. Sie treten nur aufgrund von Ursachen und Bedingungen in Erscheinung (paticca samuppada). Es gibt NICHTS, was aus sich selbst heraus existieren würde, was beständig und ewig wäre, weder immanent noch tranzendent.

Die wohl bekannteste Lehrrede des Buddha in Bezug auf die Leerheit der Welt (Dinge und Lebewesen) ist das Suññatalokasutta "Leer ist die Welt" (SN 35.85). 

"Da näherte sich der ehrwürdige Ānanda dem Erhabenen ... und sagte zu ihm: "Ehrwürdiger Herr, es wird gesagt: 'Leer (suñña) ist die Welt, leer ist die Welt.' Auf welche Weise, ehrwürdiger Herr, wird gesagt: 'Leer ist die Welt'?"

"Es ist so, Ānanda, weil sie leer ist von einem Selbst (atta) und von dem, was zu einem Selbst gehört (attaniya), dass gesagt wird: 'Leer ist die Welt.'“

Und was ist leer von einem Selbst oder von etwas, das zu einem Selbst gehört?

Das Auge ist leer von einem Selbst oder von etwas, das zu einem Selbst gehört. Form (Sichtbares), Augenbewusstsein und Augen-Kontakt ist leer von einem Selbst oder von etwas, das zu einem Selbst gehört. …

(in gleicher Weise für alle Sinne und Sinnesobjekte sowie Geist und Geistobjekte)

Die freudvolle, leidvolle oder indifferente Empfindung, die durch (Sinnen- und) Geistberührung bedingt entsteht, ist ebenso leer von einem Selbst oder von etwas, das zu einem Selbst gehört. Darum sagt man: ‚Leer ist die Welt‘, weil sie leer ist von einem Selbst oder von etwas, das zu einem Selbst gehört.“

Weil dies so ist, lehrte der Buddha seine Mönche wie folgt zu meditieren:

SN 41.7

„Und was ist die Befreiung des Herzens/Gemüt durch Leerheit (suññatā cetovimutti)?

Da ist ein Mönch in die Wildnis oder zur Wurzel eines Baumes oder zu einer leeren Hütte gegangen und reflektiert so:

'Dies (die fünf Gruppen des Ergreifens) ist leer von einem Selbst und gehört auch nicht zu einem Selbst (suññamidaṁ attena vā attaniyena vā).' Das nennt man die Befreiung des Herzens durch Leerheit.“

Die wohl anschaulichste Lehrrede in Bezug auf die Leerheit ist das nachfolgende Sutta. 

SN 22.95 Schaummasse (Pheṇapiṇḍūpamasutta)

Einst weilte der Erhabene zu Ayojjhā, am Ufer des Ganges. Dort wandte sich der Erhabene an die Mönche: „Ihr Mönche!“ „Ja, Herr“, antworteten jene Mönche dem Erhabenen.

Der Erhabene nun sprach also: „Es ist, ihr Mönche, wie mit einer großen Schaummasse, die dieser Ganges mit sich führt. Ein scharfsichtiger Mann würde sie erblicken, würde über sie nachsinnen, sie gründlich untersuchen. Ihm, der sie erblickt, über sie nachsinnt, sie gründlich untersucht,

eben als leer würde sie da erscheinen,
eben als hohl würde sie da erscheinen,
eben als kernlos würde sie da erscheinen.

Wie sollte auch, ihr Mönche, in einer Schaummasse ein Kern sein!

Ebenso auch, ihr Mönche: Was es irgend an Körperlichkeit gibt, sei sie vergangen, künftig oder gegenwärtig, eigen oder fremd, grob oder fein, gewöhnlich oder edel, fern oder nahe - die erblickt da ein Mönch, sinnt über sie nach, untersucht sie gründlich. Ihm, der sie erblickt, über sie nachsinnt, sie gründlich untersucht,

eben als leer wird sie da erscheinen,
als hohl wird sie da erscheinen,
eben als kernlos wird sie da erscheinen.

Wie sollte auch, ihr Mönche, in der Körperlichkeit ein Kern sein!

Es ist, ihr Mönche, wie wenn zur Herbstzeit, wenn Regen in schweren Tropfen fällt, im Wasser Blasen entstehen und wieder verschwinden. Ein scharfsichtiger Mann würde sie erblicken, würde über sie nachsinnen, sie gründlich untersuchen. Ihm, der sie erblickt, über sie nachsinnt, sie gründlich untersucht,

eben als leer würden sie da erscheinen,
als hohl würden sie da erscheinen,
als kernlos würden sie da erscheinen. 

Wie sollte auch, ihr Mönche, in einer Wasserblase ein Kern sein!

Ebenso auch, ihr Mönche: Was es irgend an Empfindungen gibt, … das erblickt da ein Mönch, sinnt darüber nach, untersucht es gründlich. Ihm, der es erblickt, über es nachsinnt, es gründlich untersucht,

eben als leer wird es da erscheinen,
als hohl wird es da erscheinen,
als kernlos wird es da erscheinen.

Wie sollte auch, ihr Mönche, im Gefühl ein Kern sein!

Es ist, ihr Mönche, wie wenn im letzten Monat des Sommers zur Mittagszeit eine Luftspiegelung erscheint. Ein scharfsichtiger Mann würde sie erblicken, würde über sie nachsinnen, sie gründlich untersuchen. Ihm, der sie erblickt, über sie nachsinnt, sie gründlich untersucht,

eben als leer würde sie da erscheinen,
als hohl würde sie da erscheinen,
als kernlos würde sie da erscheinen.

Wie sollte auch, ihr Mönche, in einer Luftspiegelung ein Kern sein!

Ebenso auch, ihr Mönche: Was es irgend an Wahrnehmung gibt … die erblickt da ein Mönch, sinnt über sie nach, untersucht sie gründlich.Ihm, der sie erblickt, über sie nachsinnt, sie gründlich untersucht,

eben als leer würde sie da erscheinen,
als hohl würde sie da erscheinen, 
als kernlos würde sie da erscheinen.

Wie sollte auch, ihr Mönche, in der Wahrnehmung ein Kern sein!

Es ist, ihr Mönche, wie wenn ein Mann, der Kernholz wünscht, nach Kernholz ausgeht, auf der Suche nach Kernholz mit einer scharfen Axt versehen einen Wald betritt. Dort sähe er einen großen Bananenstamm, gerade, jung, hochgewachsen. Den würde er an der Wurzel fällen, dann die Spitze abschneiden und die Blattscheiden beseitigen. So die Blattscheiden beseitigend würde er nicht einmal auf Grünholz kommen, geschweige denn auf Kernholz.

Dies würde ein scharfsichtiger Mann erblicken, würde darüber nachsinnen, es gründlich untersuchen. Ihm, der dies erblickt, der darüber nachsinnt, es gründlich untersucht, 

eben als leer würde es da erscheinen,
als hohl würde es da erscheinen,
als kernlos würde es da erscheinen.

Wie sollte auch, ihr Mönche, in einem Bananenstamm ein Kern sein!

Ebenso auch, ihr Mönche: Was es irgend an Gestaltungen gibt, … die erblickt ein Mönch, sinnt über sie nach, untersucht sie gründlich. Ihm, der sie erblickt, über sie nachsinnt, sie gründlich untersucht,

eben als leer würden sie da erscheinen,
als hohl würden sie da erscheinen,
als kernlos würden sie da erscheinen.

Wie sollte auch, ihr Mönche, in den Gestaltungen ein Kern sein!

Es ist, ihr Mönche, wie wenn ein Gaukler oder Gehilfe eines Gauklers am Treffpunkt vierer Straßen sein Gaukelwerk zeigt. Und ein scharfsichtiger Mann würde es erblicken, darüber nachsinnen, es gründlich untersuchen. Ihm, der es erblickt, darüber nachsinnt, es gründlich untersucht,

eben als leer würde es da erscheinen,
als hohl würde es da erscheinen,
als kernlos würde es da erscheinen.

Wie sollte auch, ihr Mönche, im Gaukelwerk ein Kern sein?

Ebenso auch, ihr Mönche: Was es irgend an Bewusstsein gibt, … das erblickt ein Mönch, sinnt darüber nach, untersucht es gründlich. Ihm, der es erblickt, darüber nachsinnt, es gründlich untersucht,

eben als leer würde es da erscheinen,
als hohl würde es da erscheinen,
als kernlos würde es da erscheinen.

Wie sollte auch, ihr Mönche, im Bewusstsein ein Kern sein!

(die Erkenntnis der Leerheit in Bezug auf die fünf Gruppen des Ergreifens)

So erkennend, ihr Mönche, wird der erfahrene, edle Jünger

desillusioniert (nibbida) von der Körperlichkeit,
desillusioniert von den Empfindungen,
desillusioniert von der Wahrnehmung,
desillusioniert von den Gestaltungen,
desillusioniert vom Bewusstsein.

Desillusioniert schwindet die Begierde (viraga).

Durch das Schwinden der Begierde wird er befreit (vimutti).

(Die Erkenntnis vom Aufhören des Werdens im Daseinskreislauf)

Im Befreiten ist die Erkenntnis: „Befreit bin ich.
(Vimuttasmiṁ vimuttamiti ñāṇaṁ hoti)
Versiegt ist die Geburt,
vollendet der Heilige Wandel,
getan das Werk,
nichts Weiteres mehr nach diesem hier,
so erkennt er.“

So sprach der Erhabene. Und nachdem der Gesegnete so geredet hatte, sprach der Meister noch dieses:

„Dem Schaumball gleicht der Körper,
der Wasserblase die Empfindungen,
einer Luftspiegelung die Wahrnehmung,
dem Bananstamm die Gestaltungen,
einem Zaubertrick das Bewusstsein.

So hat der Sonnenheld es aufgezeigt.

Wenn man so nachsinnt, gründlich untersucht, als hohl und leer erscheint es wahrheitsgemäß.“

Wie kommt es denn nun zu der Einbildung ‚ich bin‘? 

SN 22.156
Glaube an ein Selbst (Attānudiṭṭhisutta)

In Sāvatthī.

„Mönche und Nonnen, wenn was besteht, weil man was ergreift und worauf besteht, entsteht der Glaube an ein Selbst?“

„Unsere Lehren wurzeln im Buddha …“

Wenn Form (Körper) besteht, Mönche, weil man Form ergreift und auf Form besteht, entsteht der Glaube an ein Selbst. Wenn Empfindung besteht … Wenn Wahrnehmung besteht … Wenn Gestaltungen bestehen … Wenn Bewusstsein besteht, weil man Bewusstsein ergreift und auf Bewusstsein besteht, entsteht der Glaube an ein Selbst.

(die drei Daseinsmerkmale: anicca,  dukkha u. anatta)

Was denkt ihr, Mönche? Ist Form beständig oder unbeständig?

Unbeständig, Herr.

Was denkt ihr, Mönche? Ist was unbeständig ist, freudvoll oder leidvoll?

"Leidvoll, Herr"

Aber wenn man nicht ergreifen würde (zu ich und mein machen), was unbeständig und leidvoll ist und dem Wandel unterliegt, würde dadurch der Glaube an ein Selbst entstehen?“

„Nein, Herr.“

„Ist Empfindung, Wahrnehmung … Sind Gestaltungen … Ist Bewusstsein beständig oder unbeständig?“

„Unbeständig, Herr.“ …

„Aber wenn man nicht ergreifen würde, was unbeständig und leidvoll ist und dem Wandel unterliegt, würde dadurch der Glaube an ein Selbst entstehen?“

„Nein, Herr.“

„Wenn er das sieht … Er versteht: ‚… es gibt keine Rückkehr mehr zu irgendeinem Daseinszustand.‘“

SN 22.47 Betrachtung (Samanupassanāsutta)

so habe ich gehört. Einst weilte der Erhabene zu Sāvatthī, im Jeta-Hain, im Kloster des Anāthapindika.

Dort wandte sich der Erhabene an die Mönche: „Ihr Mönche!“—„Ja, o Herr“, antworteten jene Mönche dem Erhabenen. Der Erhabene nun sprach also:

„Diejenigen Asketen und Brahmanen, die Verschiedenes für das Selbst (attānaṁ) halten, alle diejenigen halten (entweder) die fünf Gruppen des Ergreifens (für das Selbst) oder etwas getrennt davon (aññataraṁ).

Welche fünf?

Es ist da, ihr Mönche, ein unerfahrener Weltmensch...;

der hält die Körperlichkeit für das Selbst (Ich)
["oder etwas getrennt davon (aññataraṁ)":]
oder das Selbst als Körperlichkeit besitzend (Mein)
oder die Körperlichkeit als im Selbst (Atman u. Brahman)
oder das Selbst als in der Körperlichkeit (Seelenglaube).

Er hält das Gefühl—die Wahrnehmung—die Gestaltungen—das Bewußtsein für das Selbst oder das Selbst als Bewußtsein besitzend oder das Bewußtsein als im Selbst oder das Selbst als im Bewußtsein.

Bei solcher Betrachtung schwindet ihm NICHT (die Vorstellung des) ‚Ich bin‘ (asmī).

Wenn ihm aber, ihr Mönche, (die Vorstellung des) ‚Ich bin‘ nicht geschwunden ist (avigate), so wird man von den fünf Sinnesfähigkeiten überwältigt, nämlich der Sinnesfähigkeit des Gesichts, des Gehörs, des Geruchs, des Geschmacks und des Körpergefühls.

"Es gibt Bhikkhus, den Geist (mano), es gibt geistige Phänomene (dhammā), es gibt das Element des Nicht-Wissens (avijjādhātu) .

„Wenn nun ein unerfahrener Weltmensch ein Gefühl empfindet (angenehm, unangenehm oder indifferent), das entstanden ist aus einem mit Nicht-Wissen (avijja) verbundenen Kontakt (der Sinne mit den Sinnesobjekten sowie dem Geist mit den Geistobjekten), 

dann kommt ihm "Ich bin" (asmī) in den Sinn;
"Ich bin dies" (ayamahamasmī) kommt ihm in den Sinn;

"Ich werde sein" (bhavissan: Ewigkeitsansicht)
"Ich werde nicht sein" (na bhavissan: Vernichtungsansicht) und

"Ich werde formhaft sein“ (rūpī bhavissan: physisch od. feinstofflich) und
"Ich werde formlos sein" (arūpī bhavissan: ohne spezifische Form) und

"Ich werde wahrnehmend sein" (saññī bhavissan) und
"Ich werde nicht wahrnehmend sein" (asaññī bhavissan) und
"Ich werde weder wahrnehmend noch nicht wahrnehmend sein" (nevasaññīnāsaññī bhavissan),

dann kommen ihm diese Dinge in den Sinn.

"Die fünf Sinnesfähigkeiten bleiben intakt, Bhikkhus, aber in Bezug auf sie gibt der unterwiesene edle Jünger die Unwissenheit (avijja) auf und erweckt (wahres) Wissen (vijja). Mit dem Verschwinden der Unwissenheit und dem Entstehen (von) Wissen 

kommt ihm 'Ich bin' NICHT in den Sinn;
'Ich bin dies' kommt ihm NICHT in den Sinn;

'Ich werde sein' und 'Ich werde nicht sein' und
'Ich werde formhaft sein' und
'Ich werde formlos sein' und 
'Ich werde wahrnehmend sein' und
'Ich werde nicht wahrnehmend sein' und
'Ich werde weder wahrnehmend noch nicht wahrnehmend sein' 

diese Dinge kommen ihm NICHT in den Sinn.“

Aṅguttara Nikāya 3

4. Devadūtavagga
33. Sāriputtasutta (Sāriputta)

Es begab sich da der ehrwürdige Sāriputta zum Erhabenen. Dort angelangt, begrüßte er den Erhabenen ehrfurchtsvoll und setzte sich zur Seite nieder. Und der Erhabene sprach zum ehrwürdigen Sāriputta also:

„Mag ich, Sāriputta, die Lehre in Kürze darlegen, oder mag ich die Lehre ausführlich darlegen, oder mag ich die Lehre kurz sowie ausführlich darlegen,

Versteher sind schwer zu finden.“

„So ist es an der Zeit, Erhabener, so ist es an der Zeit, Gesegneter, daß der Erhabene die Lehre in Kürze darlege, die Lehre ausführlich darlege, die Lehre kurz sowie ausführlich darlege!

Versteher der Lehre werden sich finden!“

„So soll man denn, Sāriputta, sich also üben:

(„das gehört mir nicht; das bin ich nicht; ich ist nicht mein Selbst“)

Bei diesem Körper nebst Bewusstsein (saviññāṇake kāye) soll keine Neigung (ānānusaya)

des Ich-Machens (ahaṅkāra)
des Mein-Machens (mamaṅkāre)

in Bezug auf alle Merkmale (bahiddhā ca sabba-nimittesu) nicht mehr in einem auftreten.

Und jene Gemüts-befreiung (ceto-vimutti: frei von Gier und Hass)
und Weisheits-befreiung (paññā-vimutti: frei von Verblendung)

wollen wir uns zu eigen machen, in deren Besitz verweilend, einem keinerlei Neigung zum Ich- und Mein-Machen mehr aufsteigen können.‘ So, Sāriputta, habt ihr euch zu üben!

Wenn nun einem Mönch bei diesem Körper nebst Bewusstsein wie auch bei allen Merkmalen keinerlei Neigung zum Ich- und Mein-Machen mehr aufkommt und er im Besitze jener Gemütsbefreiung und Weisheitsbefreiung verweilt, wobei dem darin Verweilenden keinerlei Neigung zum Ich- und Mein-Machen mehr aufsteigen kann,

so heißt es von einem solchen Mönch,

daß er den Verlangen vernichtet (acchecchi taṇha),
die Fesseln abgestreift (vivattayi saṃyojana),
durch das rechte Verständnis der Selbst-Täuschung (sammā mānābhisamayā)
dem Leiden ein Ende gemacht hat (antamakāsi dukkhassa).

Dies aber, Sāriputta, habe ich mit Beziehung hierauf auf Udayas Frage im ‚Weg zum anderen Ufer‘ erwidert:

‚Aufgeben der Wahrnehmung von Sinnlichkeit (Pahāna kāma-saññā), 
sowie Kummer und Sorgen (domanassāna cūbhaya);
Entfernung geistiger Starrheit (Thinassa ca panūdana),
Vermeidung aller Reueskrupel (kukkuccāna nivāraṇa: durch Ethik/sila),

In achtsamen Gleichmut gründlich geklärte (upekkhā-sati-saṃsuddha),
Durch das (Buddha-)Dhamma weise gelenkte (dhammatakkapurejava),
Erkenntnis-Erlösung künde ich euch (aññā-vimokkha pabrūmi)
Als die Vernichtung der Unwissenheit (avijja pabhedana).‘“

Weil alle Dinge kein Selbst sind, lehrt der Buddha sich mit nichts zu identifizieren, also nichts zu „Ich und Mein“ zu machen und stattdessen das „selbst-lose“ bedingte Entstehen (paṭicca-samuppāda) und Aufhören im Daseinskreislauf (samsara) zu erkennen. 

Was aufgrund von Bedingungen (avijja/Unwissenheit u. tanha/Verlangen) in Erscheinung tritt, kann durch das Aufhören dieser Bedingungen auch aufhören in Erscheinung zu treten.

SN 12.21

„Wenn dies ist, ist jenes (Iti imasmiṃ sati idaṃ hoti),
wenn dies entsteht, entsteht jenes (imassuppādā idaṃ uppajjati).

Wenn dies nicht ist, ist jenes nicht (Imasmiṃ asati idaṃ na hoti),
wenn dies aufhört, hört jenes auf (imassa nirodhā idaṃ nirujjhati).“

Auf dieser Erkenntnis beruht die ganze Lehre des Buddha. Gäbe es da etwas Beständiges und Ewiges, also ein Selbst, so wäre es nicht möglich Nirvana, das todlose Element (amata-dhātu), zu erlangen!!

Es ist NICHT die Vernichtung eines vermeintlichen Selbst, sondern das Aufhören des Werdens (bhava nirodha) im Daseinskreislauf. Nirvana ist das Unbedingte und Ungewordene, von dem der Buddha und seine Arahants sagen, das es Frieden und das höchste Glück sei. Kein Entstehen, Vergehen und Anderswerden zeigt sich mehr.

Dies bedeutet aber auch, dass solange wir noch irgendwo mit irgendwelchen Daseinsgrundlagen (Körper und Geist) nebst dem daraus resultierenden Bewusstsein in Erscheinung treten, dies noch NICHT Nirvana ist.

AN 6.104 - Nicht mehr getäucht werden (Atammayasutta)

Mönche, sechs Vorteile zu erwägen, ist völlig ausreichend, um die Wahrnehmung des Kein-Selbst (an-atta-sañña) in allen Dingen (sabba-dhamma) OHNE Ausnahme (anodhi) zu errichten.

Welches sind diese sechs Vorteile?

‚Ich werde durch nichts in der ganzen Welt getäucht werden (atammayo).‘
‚Das Ich-Machen (ahaṅkārā) wird für mich aufhören.‘
‚Das Mein-Machen (mamaṅkārā) wird für mich aufhören.‘
‚Mit außergewöhnlicher Erkenntnis werde ich ausgestattet sein.
‚Die Ursachen werde ich klar schauen, (hetu ca me sudiṭṭho bhavissati)
sowie die aus Ursachen entstandenen Dinge.‘ (hetusamuppannā ca dhammā)

Diese sechs Vorteile zu erwägen, ist völlig ausreichend, um die Wahrnehmung des Kein-Selbst in allen Dingen ohne Ausnahme zu errichten."

Das Sehen des Dhamma 

Die Erkenntnis von Kein-Selbst (an-atta) führt dazu, dass die Einbildung in Bezug auf "Ich bin" (asmi-māna) überwunden wird. Dies bezeichnet der Buddha auch als das Sehen des Dhamma.

Ud 4.1, A 9.3

Die Wahrnehmung der Vergänglichkeit hat er zu entfalten zur Entwurzelung der Einbildung ‘Ich bin’ (aniccasaññā bhāvetabbā asmi-māna-samugghātāya).

Denn mit der Wahrnehmung der Vergänglichkeit, Meghiya, festigt er die Wahrnehmung von „Kein-Selbst“ (Aniccasaññino hi, meghiya, anattasaññā saṇṭhāti);

und mit der Wahrnehmung von „Kein-Selbst“, wird die Einbildung ‘Ich bin’ entwurzelt (anattasaññī asmi-māna-samugghātaṁ).

und so erlangt man Nibbāna durch das Sehen des Dhamma (pāpuṇāti diṭṭheva dhamme nibbānan).“

In der nachfolgenden Lehrrede führte das Sehen des Dhamma dazu, dass Bāhiya ein Arahant wurde. Der Buddha unterwies ihn wie folgt:

Udāna 1.10
Die Erwachung
Bāhiya
...
„Was das betrifft, Bāhiya, so hast du dich also in dieser Weise zu üben,

(Da ist kein Selbst/an-atta, da sind nur kognitiven Prozesse)

daß alles das, was du siehst (diṭṭhe), hörst (sute), denkst (mute) und dessen du dir bewusst wirst (viññāte), ausschließlich nur als Gesehenes, Gehörtes, Gedachtes und Bewußtgewordenes zu gelten hat.

In dieser Weise also, Bāhiya, hast du dich zu üben.

(Nichts zu „Ich und Mein“ machen)

Insofern nun, Bāhiya, alles das, was du siehst, hörst, denkst (Sinnes- u. Geistobjekte), oder dessen du dir bewusst wirst, für dich ausschließlich nur als Gesehenes, Gehörtes, Gedachtes oder Bewusstgewordenes gilt,

(Da findet sich kein „Erleber“ sondern nur bedingtes Erleben)

dann bist DU, Bahiya, nicht dabei (tato tvaṃ, bāhiya, na tena;);

wenn du, Bahiya, nicht dabei bist, dann bist DU, Bahiya, weder in dieser Welt noch in jener Welt noch zwischen beiden (Erkenntnis von an-atta/kein-Selbst). Eben dies ist das Ende des Leidens (kein erneutes Werden mehr).“

(Bahiya wurde ein Arahant)

Da wurde durch diese in kurzer Form gehaltene Lehrverkündigung des Erhabenen das Herz (Gemüt/citta) des Bāhiya Dāruciriya unverzüglich, indem er nicht mehr haftete (an der Einbildung ‚ich bin‘), von den Trieben (Unwissenheitstrieb, Werdenstrieb u. Sinnentrieb) befreit (anupādāya āsavehi cittaṃ vimucci).“

Das Parinirvana des Arahant 

Das nachtodliche Nibbāna des Arahant, indem es durch die Überwindung der Triebe (Unwissenheitstrieb, Werdenstrieb und Sinnentrieb) KEIN erneutes Werden mehr gibt, wenn also die fünf Gruppen des Ergreifens (Körper, Empfindungen, Wahrnehmungen, Gestaltungen u. Bewusstsein) nicht mehr erneut in Erscheinung treten, wird meist »vollständiges Erlöschen« (pari-nibbana) genannt. 

Da ALLES, was uns als Lebewesen ausmacht, eben nur diese bedingt in Erscheinung tretenden fünf Gruppen des Ergreifens sind und darin KEIN beständiges und ewiges Selbst (an-atta) zu finden ist, da aufgrund der Unbeständigkeit und Vergänglichkeit (anicca) ALLER Dinge und Lebewesen, früher oder später damit leidvolle Erfahrungen (dukkha) verbunden sind,

ist ihr Aufhören (dukkha-nirodha) nichts, was man beklagen müsste!

Darum lehrt der Buddha auch nur "dukkha" (die fünf Gruppen des Ergreifens: erste edle Wahrheit),
den Ursprung von dukkha (das Verlangen: zweite edle Wahrheit) und
das Aufhören von dukkha (die Überwindung des Verlangens: dritte edle Wahrheit)!

Immer wieder wurde dem Buddha die Frage gestellt, ob ein Arahant nach dem Tod noch existiere oder nicht. Die Frage ist so jedoch falsch gestellt, weil alles, wodurch ein Arahant zu Lebzeiten als Person beschrieben werden konnte (die fünf Gruppen des Ergreifens) nicht mehr in Erscheinung tritt. Was NICHT mehr in Erscheinung tritt, kann somit auch NICHT mehr beschrieben werden. Fragen nach dem Verbleib eines Arahant nach dem Tod können daher auch nicht beantwortet werden. Man könnte ebensogut nach dem Verbleib des Feuers fragen, wenn es erloschen ist!

Und genau um diesen Sachverhalt geht es auch in der nachfolgenden Lehrrede.

M. 72 (Aggivacchasutta)

(Die Lehrrede beginnt mit den zehn philosophischen Fragen:

Ist die Welt ewig/nicht ewig, … endlich/unendlich, … Sind Seele und Körper das gleiche/verschieden, … sowie die vier Ansichten zum Vollendeten nach dem Tod: er ist … er ist nicht … teils ist er und teils nicht … weder ist er, noch ist er nicht.

Der Buddha antwortet auf jede der zehn Fragen, indem er sagt: „Ich bin nicht dieser Ansicht“. Vacchagotta ist daraufhin frustriert und fragt:

Hat dann Meister Gotama überhaupt irgendeine spekulative Ansicht?“

„Vaccha, ,spekulative Ansicht‘ ist etwas, was vom Tathāgata beseitigt worden ist. Denn der Tathāgata, Vaccha, hat dies gesehen:

,So ist Form/Körper (vier Elemente), so ihr Ursprung (Nahrung), so ihr Verschwinden (ohne Nahrung);
so sind Empfindungen (freudvoll, leidvoll od. indifferent), so ihr Ursprung (Kontakt), so ihr Verschwinden (ohne Kontakt);
so sind Wahrnehmungen (Assoziation und Benennung), so ihr Ursprung (Kontakt), so ihr Verschwinden (ohne Kontakt);
so sind Gestaltungen (Willensregungen, welche zu Aktivitäten in Gedanken, Worten und Werken führen), so ihr Ursprung (Kontakt), so ihr Verschwinden (ohne Kontakt);
so ist Bewußtsein (Sinnen- und Geistbewusstsein), so sein Ursprung (kognitive Prozesse von Körper und Geist), so sein Verschwinden (ohne Körper und Geist).‘

Daher, sage ich, mit der Vernichtung, dem Schwinden, dem Aufhören, dem Aufgeben und Loslassen (khayā virāgā nirodhā cāgā paṭinissaggā)

aller Vorstellungen (sabba-maññitānaṁ),
aller Gedankengebäude (sabba-mathitānaṁ),
allen Ich-Machens (ahaṅkāra), allen Mein-Machens (mamaṅkāra) und
der zugrundeliegenden Neigung zum (Ich-)Dünkel (mānā)

ist der Tathāgata durch Nicht-Ergreifen befreit (anupādā vimuttoti).“

„Wenn das Herz/Gemüt (citta) eines Bhikkhu so befreit ist, Meister Gotama, wo erscheint er nach dem Tode wieder?“

„Der Ausdruck ,wiedererscheinen‘ ist nicht zutreffend, Vaccha.“

„Erscheint er dann nicht wieder, Meister Gotama?“

„Der Ausdruck ,nicht wiedererscheinen‘ ist nicht zutreffend, Vaccha.“

„Erscheint er dann sowohl wieder, als er auch nicht wiedererscheint, Meister Gotama?“

„Der Ausdruck ,sowohl wiedererscheinen, als auch nicht wiedererscheinen‘ ist nicht zutreffend, Vaccha.“

„Erscheint er dann weder wieder, noch erscheint er nicht wieder, Meister Gotama?“

„Der Ausdruck ,weder wiedererscheinen, noch nicht wiedererscheinen‘ ist nicht zutreffend, Vaccha.“

„Wenn Meister Gotama diese vier Fragen gestellt werden, erwidert er: ,Der Ausdruck ›wiedererscheinen‹ ist nicht zutreffend, Vaccha; der Ausdruck ›nicht wiedererscheinen‹ ist nicht zutreffend, Vaccha; der Ausdruck ›sowohl wiedererscheinen, als auch nicht wiedererscheinen‹ ist nicht zutreffend, Vaccha; der Ausdruck ›weder wiedererscheinen, noch nicht wiedererscheinen‹ ist nicht zutreffend, Vaccha.‘ Das bestürzt mich, Meister Gotama, das verwirrt mich, und das Ausmaß an Zuversicht, das ich durch frühere Unterhaltungen mit Meister Gotama erlangt habe, ist jetzt verschwunden.“

„Berechtigterweise verursacht es Bestürzung in dir, Vaccha, berechtigterweise verursacht es Verwirrung in dir. Denn dieses Dhamma, Vaccha, ist tiefgründig, schwer zu sehen und schwer zu verstehen, friedvoll und erhaben, durch bloßes Nachdenken nicht zu erlangen, subtil, von den Weisen selbst zu erfahren. Es ist schwer für dich, es zu verstehen, wenn du eine andere Ansicht hast, eine andere Lehre akzeptierst, eine andere Lehre für richtig hältst, eine andere Übung verfolgst und einem anderem Lehrer folgst. Also werde ich dir Gegenfragen über dieses stellen, Vaccha. Antworte nach Belieben.“

Was meinst du, Vaccha, wenn da vor dir ein Feuer brennt (Synonym für den Erhabenen zu Lebzeiten), weißt du da wohl: ,Hier brennt ein Feuer vor mir’?" - „Gewiß, Herr Gotama."

„Sollte dich nun jemand fragen, wodurch jenes vor dir brennende Feuer am Brennen bleibt, was würdest du auf solche Frage erwidern?"

„Ich würde sagen, daß es durch Stroh und Holz (siehe oben den Ursprung der fünf Gruppen) bedingt am Brennen bleibt."

„Wenn nun aber dieses Feuer ausgeht (siehe oben das Aufhören der fünf Gruppen), weißt du dann wohl, daß es ausgegangen ist?" - „Ja, Herr Gotama."

„Wenn dich nun aber jemand fragen sollte, wo das ausgegangene Feuer hingegangen ist, nach welcher Richtung, nach Osten, Westen, Norden oder Süden, was würdest du auf solche Frage erwidern?"

„Das kommt nicht in Betracht, Herr Gotama. Denn das durch Stroh und Holz im Gange gehaltene Feuer hat ja diese Dinge verzehrt und ist, durch diese nicht weiter genährt, ohne Brennstoff erloschen (kein erneutes Werden mehr)."

„Genau so auch, Vaccha, ist jede Form (Körperlichkeit), jede Empfindung, jede Wahrnehmung, sind alle Gestaltungen, ist jedes Bewußtsein, wodurch man den Vollendeten bezeichnen möchte, vom Vollendeten aufgegeben, an der Wurzel zerstört, einem Palmstumpf gleichgemacht, vernichtet und keinem künftigen Wiederaufkeimen mehr ausgesetzt.

(Was nicht mehr in Erscheinung tritt, kann auch nicht mehr beschrieben werden)

Befreit durch die Aufhebung (saṅkhaya-vimutta) der Form, der Empfindung, der Wahrnehmung, der Gestaltungen und des BewußtseinsVacha, ist der Tathāgata tiefgründig, unermeßlich, schwer zu ergründen wie der große Ozean.

Der Ausdruck ,wiedererscheinen‘ ist nicht zutreffend, der Ausdruck ,nicht wiedererscheinen‘ ist nicht zutreffend, der Ausdruck ,sowohl wiedererscheinen, als auch nicht wiedererscheinen‘ ist nicht zutreffend, der Ausdruck ,weder wiedererscheinen, noch nicht wiedererscheinen‘ ist nicht zutreffend.“

Was seit anfangsloser Zeit, im Tod eines Lebewesens, aufgrund von Verlangen nach sinnlichem Erleben und Manifestation (zweite edle Wahrheit), immer wieder aufs Neue, gemäß der karmischen Dispositionen, in Erscheinung getreten ist (die fünf Gruppen des Ergreifens), hat mit dem Aufhören des Verlangens (dritte edle Wahrheit) aufgehört weiter in Erscheinung zu treten.

Es ist somit erloschen! 

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